Aufrichtiger und gerechter Geschlechtsverkehr

«fuck fair» – Festival zu sexuellem Konsens vom 3. bis 12. April

Wie geht guter Sex? Was ist das überhaupt? Wieso wird uns das nicht beigebracht? Und was hat Konsens eigentlich damit zu tun? «fuck fair», das Festival zu sexuellem Konsens macht sich auf die Suche nach Antworten, mit einer Ausstellung, Perfomances, Filmen und Workshops. Eine Party gibt es auch!

Vom 3. bis 12. April zeigt «fuck fair» verschiedenste Kunstwerke sowie Filme, Performances, Lesungen und Vorträge zum Thema sexueller Konsens. Konsens heisst, wenn Personen eine übereinstimmende Meinung zu einer bestimmten Frage oder Problemstellung haben, ohne verdeckten oder offenen Widerspruch. Die Idee vom Festival ist es, sich über verschiedene Themen und Kunstrichtungen dem sexuellem Konsens anzunähern und Antworten zu finden, auf die Frage, was sexueller Konsens ist und wie mensch gleichberechtigten Geschlechtsverkehr haben kann. Unsere Aufklärung aus den Bravoheftlis der 2000er, aktuelle Literatur zur Lustlosigkeit, Pornos, Fische mit Netzstrümpfen, Kunstwerke zu Themen wie queeres Aufwachsen in einer heteronormativen Gesellschaft oder Sexarbeit … Auf lustige, leichte – aber auch nachdenkliche, ernsthafte Art, öffnet «fuck fair» einen Raum, um einander zuzuhören, zusammen zu lernen, zu denken und zu reflektieren.

Organisiert und kuratiert wird das Festival von Vivi Jeger und Lucy Neid. Bei der Auswahl der künstlerischen Beiträge zum Festival war es ihnen wichtig, Kunstschaffenden mit Bernbezug eine Plattform zu bieten sowie diverse Lebensrealitäten und Themenfelder abzudecken. Das Festival findet im queerfeministischen Raum, dem Kino der Reitschule und dem Tojo Theater Reitschule Bern sowie im Kino REX, im Progr und dem in transformation, fka Kapitel Bollwerk, SOSO-Space statt.

 

Höhepunkte aus dem Programm

Das Herzstück des Festivals ist die Ausstellung im queerfeministischen Raum der Reitschule. Hier beschäftigten sich 40 Künstler*innen und Wissenschaftler*innen mit den unterschiedlichsten Facetten des Konsenses. Die Vernissage zur Ausstellung und zum Festival am Donnerstag, 3. April, startet um 17 Uhr im queerfeministischen Raum mit einem Apéro und einer Rede der Nationalrätin Tamara Funicello. Zudem gibt es eine Soundperformance von der in der Schweiz lebenden Ägypterin Aya Matwelli, in der sie die Wörter «Ja» und «Nein» in verschiedensten Sprachen singt. Sie will mit Ihrer Performance die gelebte Praxis beider Worte als Mittel zur Selbstermächtigung zelebrieren. Aya lebt in verschiedenen Sprachen und zeigt mit ihrer Soundperformance die Komplexität der beiden «einfachen» Wörtern ja und nein.

Die interaktive Installation Haltefische von Babette Walder besteht aus zwanzig etwas seltsamen Fischen aus glasierter Keramik, bestückt mit Piercings, Harness und Netzstrümpfen. Ein Schild informiert die Besuchenden: «This is a space for open interspecies body contact. Bitte die Fische um ihr Einverständnis, am besten laut. Wenn sie zustimmen, darfst du sie berühren, sie an deinen Körper halten und durch den Ausstellungsraum tragen». Haltefische hinterfragt soziale Konventionen von Kunst und Betrachter*in und fragt, wie wir mit Dingen, anderen Wesen und einander interagieren. Haltefische ist ein Werk, das durch seine Absurdität eine Lockerheit und Verspieltheit in die Dauerausstellung bringt.

An der Ausstellung wird auch ein essayistischer Dokumentarfilm zum Thema queere Jugend von Maud Abram gezeigt. Den Fokus legt sie dabei auf die Erfahrung, in einem heteronormativen Umfeld zu pubertieren. Wie ist es ihnen dabei ergangen? Was würden sie rückwirkend ändern? Die Retrospektive hilft, Grenzüberschreitungen einzuordnen und neue Sichtweisen zu entwickeln. Der Film schaut ganz genau hin und fragt wichtige Fragen, wie zum Beispiel: Wo werden die gesellschaftlichen Normen spürbar am eigenen Körper? Bringen uns diese Normen in Situationen, wo wir gegen unseren Willen sexuelle Interaktionen ausleben und eigene Grenzen überschreiten? Und bei wem liegt dabei die Verantwortung?

 

Janine Flückigers «Teenage dreams 2000»; Der «Pornyaward» von Milush Hozer; «Haltefisch» von Babette Walder.

 

Das Kollektiv be_aware wird in einer Video- und Toninstallation das Thema Transformative Gerechtigkeit (TG) erklären, eine Bewegung, welche von BIPoC und FLINTAs aus den USA gegründet wurde. TG will Gewalt, Konflikte und Übergriffe nicht mittels repressiver Sanktionen lösen, wie es die Polizei macht, stattdessen schlägt sie eine kollektive Verantwortungsübernahme vor, ein Versuch der Umwandlung von Verhältnissen, die zu der Gewalt führten. Konkret kann dieses Modell vor allem bei Fällen von sexualisierter Gewalt Einsatz finden. Denn viele Betroffene scheuen sich, die Polizei zu informieren, auch weil das blosse Einsperren der Gewalt ausübenden Person oft keine Heilung schaffen kann. Nebst der Installation gibt es auch die Möglichkeit, einen Workshop bei be_aware zu besuchen, am Samstag, 5. April im Progr. Das Konzept von Transformativer Gerechtigkeit ist ein fundamental wichtiges Instrument, um kollektive Aufarbeitungsprozesse anzugehen und von Gewalt betroffene Personen nicht allein zu lassen. be_aware verfügt über eine grosse Expertise, welche über verschiedene Herangehensweisen ins Festival einfliesst. www.transformativejustice.eu

Am Samstag, 5. April um 11 Uhr kommt die deutsche Autorin Beate Absalon für eine Lesung nach Bern. Sie stellt ihr Buch «Not giving a Fuck» vor, über lustlosen Sex und sexlose Lust! Es geht um den allgegenwärtigen Druck, grossartigen Sex haben zu müssen. Die Kulturwissenschaftlerin lädt dazu ein, ihn abzuschütteln und Möglichkeiten eigensinniger und erfinderischer Lust auszuloten.


Buchtipp von bern.lgbt

Endlich keinen Sex mehr!


Clubliteratur gibt es am Donnerstag, 10. April im «in transformation» das früher SOSO Space, bzw. Kapitel hiess. Kuratiert wird die Spezialausgabe Clubliteratur x fuck fair von Mahalia Aura: Lesen werden Autor*in Laura Leupi («Das Alphabet der sexualisierten Gewalt», erschienen 2024 im März Verlag) und Literaturinstitut Biel Absolvent*in Ronja Fankhauser/Ra. Musikalisch abgerundet wird der Abend von Angie Addo.

Das Kino in der Reitschule zeigt am Freitag, 11. April ab 20.30 Uhr eine Auswahl des Film-Kunst-Festivals Porny Days Zürich, unter dem Titel «Consensual Playtimes Reloaded». Sex kann unglaublich vielfältig sein – und die Beteiligten allein setzen die Spielregeln. Die Kurator*innen von Porny Days zeigen eine Auswahl an Filmen, die uns in eine ehrliche, intime und leidenschaftliche Verhandlung dieses Spiels entführen. Im Rahmen der Vorstellung führen Anna und Emanuel von den Porny Days ein Gespräch mit Carmina – einer Filmemacherin, Schauspielerin und Performerin aus Toulouse, die mit ihrem unabhängigen Porno-Studio Carré Rose Films einen frischen, alternativen Blick auf die Branche eröffnet.

Kein Festival ohne Party! Bei «fuck fair» wird am Samstag, 12. April «in transformation» mit Konsens gefeiert. Das DJ-Line-up ist allerdings noch nicht bekannt.


fuck fair

Festival zu sexuellem Konsens
3.–12. April 2025

Das ganze Programm von findest du hier:
tagezukonsens.ch/programm-fuck-fair

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