
Thomas Mann liebte Männer – vor allem Paul Ehrenberg, den er bewunderte, aber auch herabsetzte. Oliver Fischer erzählt in «Man kann die Liebe nicht stärker erleben» die Geschichte eines genialen Ungleichgewichts, das Manns Werk und Leben von der Zeit des Kaiserreichs bis nach dem Zweiten Weltkrieg prägte. Am 25. Februar liest Oliver Fischer bei Queerbooks aus seinem Werk und unterhält sich mit Michael Schläfli.
«Man kann die Liebe nicht stärker erleben», notierte Thomas Mann 1943 über seine Beziehung zu Paul Ehrenberg. Die beiden begegneten sich 1899 in einem Münchner Salon. Ehrenberg studierte Tiermalerei, Thomas Mann war Redakteur des «Simplicissimus» und schreib an seinem ersten Roman «Buddenbrooks». Die Begegnung reisste den schüchternen Thomas aus seiner sorgsam gepflegten Distanz. Paul besuchte mit ihm Kaffeehäuser und die Schwabinger Faschingsbälle – für den Lübecker Patriziersohn eine neue Erfahrung von Leichtigkeit und Lebenslust. Vielleicht fand er bei Paul sogar körperliche Erfüllung, wie ein neuer Blick auf die Quellen zeigt. Doch die Liebe war so kompliziert wie Manns Schreibstil: grossartiger Intellekt traf auf unbekümmerte Lebensfreude – und bewirkte eine Dynamik, die Bewunderung zuweilen in subtile Verletzung umkippen liess. Obwohl beide später Frauen heirateten, blieb «Tommy» seinem «tapferen» Maler ein Leben lang verbunden und setzte ihm in seinen Werken ein zwiespältiges Denkmal. Für beide war ihre Freundschaft und ihre die gemeinsame Zeit in München von grosser Bedeutung – auch als sich ihre Wege 1933 trennen: Paul blieb in Deutschland und arrangiert sich mit den Nazis, Thomas ging ins Exil.
Oliver Fischer bringt mit akribischer Recherche Licht in die widersprüchliche Seelenlage des Literatur-Nobelpreisträgers Thomas Mann. Seine Doppelbiografie beleuchtet die ungleiche Männerfreundschaft, rückt Ehrenberg aus dem Schatten und liefert ein faszinierendes Porträt einer Liebe, die nun definitiv in die Literaturgeschichte eingeht – und nicht nur für queere Leser*innen ein Genuss ist. Oliver Fischer, geboren 1970, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und katholische Theologie. Er arbeitet als freier Journalist in Hamburg, unter anderem für «Geo Epoche» und «Merian». 2016 gründete er die Thomas Mann-Gesellschaft Hamburg, deren Vorsitzender er ist. Zudem ist er Mitglied im Beirat der Deutschen Thomas Mann-Gesellschaft.
Passend zu dieser Buchpräsentation – und zum Jubiläumsjahr «150 Jahre Thomas Mann» – zeigt «Cinema Siesta» am 18. Februar und am 20. Februar, jeweils um 13.30 Uhr, im Kino Rex den Film TOD IN VENEDIG – MORTE A VENEZIA von Luchino Visconti. Trailer und Infos.
Oliver Fischer über Thomas Mann und Paul Ehrenberg
Eine Lesung von Network & QueerBooks
Dienstag, 25. Februar 2025, 19 Uhr
QueerBooks, Herrengasse 10, 3011 Bern
Lesung und Gespräch: Oliver Fischer
Moderation: Michael Schläfli
Beginn der Veranstaltung: 19 Uhr
Eintritt: Richtpreis 12.- (Networker gratis)
Rollstuhlgängig (Toilette leider nicht)
Anmeldung empfohlen
Anschliessend an die Buchpräsentation offeriert Network Region Bern einen kleinen Apéro.