DJ Coreys MusikTipps für den April 2021

Lana Del Rey, Jay-Jay Johanson, La Rappresentante di Lista, Madame, Eddy De Pretto, Yseult, Serpentwithfeet, Adult Mum und Julien Baker.

Lana Del Rey versinkt wieder in Sommerzeit-Traurigkeit. Einzigartig melancholisch: Album Nummer 13 für Jay-Jay Johanson. Neue Italo-Pop-Held*innen: La Rappresentante di Lista und Madame zeigen die queere Seite des Sanremo-Festivals 2021. Eddy De Pretto und Yseult machen sich für mehr Diversität und Inklusion in der französischsprachigen Pop-Welt stark. Serpentwithfeet zelebriert die schwarze, schwule Liebe. Adult Mum liefern den Soundtrack zu einer imaginären queeren Rom-Com. Lesbisch, gläubig und suchtgefährdet: Die Leiden der jungen Julien Baker.


LANA DEL REY

Chemtrails Over The Country Club (Polydor/Interscope)

Mit ihrem achten Album «Chemtrails Over The Country Club» huldigt Lana Del Rey der West-Coast-Hippie-Szene der 70er-Jahre im berühmt-berüchtigten Laurel Canyon und stösst neu in die Mythen der Bayou-Sümpfe vor. In dieser dunkel-melancholischen Reise in die eigenen Abgründe und andere Befindlichkeiten trennt sich Lana Del Rey von der Rolle der unterwürfigen Femme Fatale, die von einer toxischen Beziehung in die andere stolpert. Sie nähert sich zusehends den musikalischen Formen und dem Geist von wegbereitenden Pionierinnen wie Joni Mitchell, Bobbie Gentry und Stevie Nicks. Neu verkörpert Lana Del Rey das Bild der Cowgirl, die den Blues hat und sich nach weiblichen Verbündeten sehnt, die sie aus der Einsamkeit helfen können.   


JAY-JAY JOHANSON

Rorschach Test (29Music/Kuroneko)

Seit den 90er-Jahren ist Jay-Jay Johanson allen Musikfans mit gehobenen Ansprüchen ein Begriff. Seine auf Anhieb wiedererkennbare helle Stimme und sein dunkles musikalisches Trip-Hop-Universum haben längst Kultstatus erlangt. Auf seinem 13. Opus gelingt es dem schwedischen Crooner wieder, mit seiner unwiderstehlichen Art Melancholie höchst attraktiv zu machen. In jedem Track auf «Rorschach Test» schwingt etwas Zauberhaftes mit. Vom Opener «Romeo», von der Carpe-Diem-Hymne «Why Wait Until Tomorrow» bis zum Schluss-Song “Cheetah” bleibt Jay-Jay Johanson offensichtlich auf der Höhe seiner Inspiration und Kreativität.


LA RAPPRESENTANTE DI LISTA

My Mamma (Woodworm Music / Sony)

LRDL, das Duo um Sängerin Veronica Lucchesi und Multiinstrumentalist Dario Mangiafarina, war die wirklich grosse Offenbarung des letzten Sanremo Festivals. Mit dem mitreissenden Hit «Amare», den originellen Darbietungen, ausgefallenen Outfits und einem fulminanten Auftritt mit Schwulen-Ikone Donatella Rettore hob sich LRDL wohltuend vom telegenen Format-Pop ab. LRDL frönt einer spannenden italienischen Variante des Indie-Queer-Art-Pop. Veronica und Dario sind keine Newcomer mehr, in den letzten neun Jahren fristeten sie ein Dasein im Club-Underground und in der Theater-Subkultur. Auf ihrem vierten Album «My Mamma» katapultieren sie ihre Indie-Vergangenheit und queeren Ideale in einen energischen, verträumten, ideenreichen und nie banalen Pop-Kontext.   


MADAME

Madame (Sugar/Universal)

Francesca Galeano, besser bekannt als Madame, ist eine 19-jährige Rapperin-Sängerin aus dem italienischen Vicenza. Nach vielen erfolgreichen Singles und einer Teilnahme am letzten Sanremo-Festival, wo sie mit «Voce» den achten Platz erzielte, legt Madame das lang ersehnte Debüt vor.  Mit ihrer furchtlosen und direkten Attitüde vermag sich die bisexuelle junge Frau in der männerdominierten Urban-Rap-Szene Italiens problemlos durchzusetzen. In ihren Texten betrachtet Madame den Prozess der Selbstakzeptanz, die Liebe für sich und andere, den Sex, die Beziehung zu ihrer Familie und den Toddurch die Augen einer 19-Jährigen. Auch musikalisch ist «Madame» sehr abwechslungsreich. Kein Song gleicht dem anderen und das Album umfasst ein breiteres Spektrum als die üblichen Rap-Urban-Produktionen.   


EDDY DE PRETTO

A Tous Les Bâtards (Romance Musique/Universal)

Vor drei Jahren schuf Eddy De Pretto mit seinem Erstling «Cure» den Durchbruch im französischsprachigen Musikraum. Auf «Cure» oszillierte der junge Mann aus der Pariser Banlieu zwischen traditionellem Chanson und dem Rap seiner Generation. Damals steckte Eddy De Pretto in einer Identitätsfindungsphase und hatte mit Homosexualität, Männlichkeitsformen und seiner Drogenvergangenheit zu kämpfen. «A Tous Les Bâtards» widmet er allen Freaks und Aussenseiter*innen. Das Album ist ein Plädoyer für die Anerkennung der eigenen Andersartigkeit und eine Aufforderung, diese Andersartigkeit als Stärke zu nutzen und nicht als unangenehme Abweichung vom Normalen zu betrachten.Eddy De Pretto spannt wieder einen Bogen vom Sprechgesang hin zu schönen Gesangspartien und von Chanson zu Urban-Rap und Pop.   


YSEULT

Brut (EP)

Weiblich, schwarz und fett. Die 27-jährige Sängerin Yseult, eine ehemalige Kandidatin der Casting-Show «Nouvelle Star 2013», ist die einzige schwarze Französin ihrer Generation, die im Fach Chansons Fuss fassen will. Yseult pfeift auf Codes und Diktate der normativen gesellschaftlichen Vorstellungen und geht dezidiert ihren eigenen Weg. Das Video zu «Corps», ihrem bewegenden Song gegen Body Shaming und für Body Positivity, wurde millionenfach auf Youtube angesehen. Yseult gibt dem französischen Chanson neue musikalische Impulse und ungefilterte grosse Gefühle. Ihre Unbeirrtheit hat sich als Erfolgsmodell erwiesen. Denn Yseult wurde bei den diesjährigen Victoires de la Musique, den französischen Grammys, als beste Newcomerin ausgezeichnet.


SERPENTWITHFEET

Deacon (Secretly Canadian)

Auf dem ersten Album und auf den folgenden EPs kombinierte Josiah Wise alias Serpentwithfeet seine Leidenschaft für die Oper mit einem sehr experimentellen und vertrackten Indie-Pop. Das bescherte ihm Kooperationen mit Björk, Kanye West, FKA Twigs und Ellie Goulding. Auf seinem zweiten Album blickt Serpentwithfeet auf seine Gospelwurzeln zurück und öffnet seine Seele. «Deacon» ist eine Ode an die schwarze schwule Liebe. Serpents minimalistische R&B-Songs handeln z.B. vom Bart und den Schuhen seines Freunds und sind von einer bis anhin unerhörten Sinnlich-, Zärtlichkeit und Spiritualität durchflutet.


ADULT MOM

Driver (Epitaph)

Adult Mom entstand 2012 als Solo-Bedroom-Pop-Projekt von Steph Knipe aus New York. Zuerst veröffentlichte Steph die eigenen Songs auf Bandcamp. Inzwischen nennt sich Steph nach dem Coming Out als «Gender-weird-queer»- oder «Non-Binary»- Person neu Stevie, in Hommage an Sängerin Stevie Nicks von Fleetwood Mac. Auf dem dritten Album «Driver» hat sich Adult Mum zu einer Band erweitert. Neu sind Stevies Partnerin und Drummerin Olivia Battell sowie Gitarristin Allegra Eidiginger mit dabei. Das Album soll laut Angaben von Stevie den Soundtrack für eine fiktive queere Rom-Com bilden, garantiert mit Happy End. Musikalisch ist «Driver» zwischen Indie-Rock, Country und Folk anzusiedeln.


JULIEN BAKER

Little Oblivions (Matador)

Julien Baker kommt aus Memphis, ist lesbisch, gläubige Christin und musste mit einer Medikamentensucht kämpfen.Auf ihrem dritten Album «Little Oblivions» versucht die 25-jährige Singersongwriterin ihr Leben in den Griff zu bekommen und eine persönliche Balance zwischen den Geistern der Vergangenheit, Glauben und Sexualität zu finden. Im Vergleich zu den spärlich arrangierten akustischen Klavierballaden der Vorgängeralben dehnt Julien Baker diesmal ihre musikalische Palette mit weiteren Instrumenten von Schlagzeug, elektrischer Gitarre bis zu Synthesizer aus. Als ob sie ihrem Confessional-Dream-Pop dadurch noch mehr Nachdruck verleihen wollte.


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Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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