DJ Coreys Musiktipps für den Sommer ’20

Rufus Wainwright, Jessie Ware, John Legend, Hoshi, Soko, Becca Mancaris, Arca, Keiynan Lonsdale und Naeemi.

Rufus Wainwrights Postkarten aus Los Angeles. Jessie Wares Wiedergeburt als unterkühlte Disco-Diva. John Legends neue Bettgeflüster. Frankreichs LGBTQ-Community liebt Hoshi und Soko. Becca Mancaris Erfahrungen als queere Frau im Süden der USA. Arcas Pop-Manifest zur Non-Binarität. Die stolze schwarze Queerness von Keiynan Lonsdale und Naeemi.


RUFUS WAINWRIGHT

Unfollow The Rules (BMG)

Vier Jahre nach der opernhaft inszenierten Vertonung von Shakespeares Sonetten für die Deutsche Grammophon und acht Jahre nach dem von Mark Ronson produzierten Pop-Album «Out of the Game» besinnt sich Rufus Wainwright auf seine typischen Singer-Songwriter-Qualitäten zurück. Auf «Unfollow The Rules» rühren der dandyhafte Pop-Rebell und sein Produzent Mitchell Froom gern mit der grossen Kelle an. Sie reihen unbekümmert Barock-Pop, Drama, Laurel Canyon (den legendären Sound der amerikanischen Westküste, A.d.R.), intime Balladen und sogar Disco aneinander. Die Texte zeigen, dass hier jemand in der Mitte seines Lebens steht und seinen Weg als schwulen Künstler, Ehemann und Familienvater gefunden hat.


JESSIE WARE

What’s Your Pleasure (Universal)

Ihr Debüt «Devotion» (2012) machte die Britin Jessie Ware zur Hoffnungsträgerin der Post-R&B-Ära. Mit den nicht minder spannenden Folgealben «Tough Love» (2014) und «Glasshouse» (2017) hatte die 36-Jährige leider weniger Glück. Sie fand immerhin Trost in «Table Manners», einen äusserst erfolgreichen Koch-Podcast, den sie seit Ende 2017 mit ihrer Mutter betreibt. Unter den wechselnden Gästen befanden sich u.a. Sam Smith, Ed Sheeran, Dua Lipa oder Ian Schrager, der Mitbegründer der legendären New Yorker Disco Studio 54. Es kann also kein reiner Zufall sein, dass Jessie Wares viertes Opus ein sinnliches, raffiniertes und zeitloses Disco-Album für Erwachsene geworden ist. Mit «What’s Your Pleasure» ist die Wandlung zur unterkühlten Disco-Diva perfekt abgeschlossen.


JOHN LEGEND

Bigger Love (Columbia)

Der 41-jährige R&B-Star präsentiert auf seinem siebten Album «Bigger Love» eine opulente Liebesliederkollektion in verschiedenen musikalischen Variationen. In jedem Song zeigt John Legend eine neue Facette seines musikalischen Könnens und Gesangstalents. Nicht nur spickt er seine Songs mit Referenzen an vergangene Soul- und R&B-Grössen, sondern er arbeitet auch gern mit jüngeren Künstlerinnen und Künstlern wie Rapsody, Koffee, Camper oder Jhene Aiko zusammen. John Legend liebt zwar Kitsch, Pathos und Cheese, er kann aber auch mit Understatement überraschen. Mit «Bigger Love» versöhnt er sich mit seinen alten Fans, dem «Shadows & Lights» zu experimentell war und wird bestimmt auch die jüngeren Generationen gewinnen. Ein Album für alle, die nie genug von Liebe bekommen können.


HOSHI

Sommeil levant (Jo & Co)

Mathilde Gerner alias Hoshi ist eine offen lesbische französische Pop-Sängerin aus Versailles. Bereits mit ihrem Debüt «Il suffit d’y croire» (2017) mit dem Hit «Ta marinière» bestach die 23-Jährige mit einem prickelnden Mix aus eingängigen Electro-Pop-Melodien und sehr persönlichen Texten. Auf «Sommel levant» entführt Hoshi ihre Fans auf eine weitere regenbogenfarbene Reise in ihre Kindheitserinnerungen («SQY», «Enfants du danger») und in ihre Anfangszeiten in der Popmusikwelt («Sommeil levant», «Fais-moi signe»). Sehr vorbildlich ist ihr Engagement für die LGBTQ-Community, der sie mit «Amour censure» eine Hymne gegen Homophobie widmet. Tristan Salvati, in Frankreich der Hit-Produzent der Stunde, ist auch diesmal mit von der Partie und sorgt für eine gute Portion Pop-Appeal.


SOKO

Feel Feelings (Babycat Records)

Die französische Popsängerin und Schauspielerin Stéphanie Alexandra Mina Sokolinski alias Soko meldet sich nach fünfjähriger Schaffenspause mit «Feel Feelings» zurück. Die 34-jährige pansexuelle Künstlerin, die mit ihrem kleinen Sohn und ihrer Partnerin in Los Angeles lebt, legt diesmal den Fokus auf die Komplexität der Gefühlswelt und entwirft 12 Songs im Zeichen der Akzeptanz und Selbstliebe, darunter die Pride-Monat-Hymne «Oh, To Be A Rainbow». Soko verabschiedet sich vom Post-Punk des letzten Albums und lässt sich von psychedelischen Alben wie «10000 Hz Legend» von Air und «Histoire de Melody Nelson» von Serge Gainsbourg inspirieren.


BECCA MANCARI

The Greatest Part (Omnian/Cargo)

Becca Mancari ist eine US-amerikanische Sängerin, Songwriterin und Gitarristin, die in New York aufgewachsen ist und sich mittlerweile in Nashville, Tennessee niedergelassen hat. Bei ihrer streng religiösen Familie mit italienischen und puertoricanischen Wurzeln war ihre Homosexualität verpönt und so verliess sie nach dem College das Familiennest. Drei Jahre nach ihrem Debüt «Good Woman», einem kleinen Juwel an der Schnittstelle zwischen Folk und Country, präsentiert Becca Mancari «The Greatest Part», eine weitere persönliche Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit, Identität und ihren Erfahrungen als queere junge Frau im Süden der USA. Auf dem neuen Opus ist Becca Mancari auch offen für andere Stilrichtungen wie Dream-Pop und Rock.


ARCA

KiCk i (XL/Beggars)

Mit 17 Jahren flüchtete Arca allein von Caracas nach New York, um dem Traum einer Musikkarriere ein Stückchen näher zu kommen. Im Big Apple wurde ihre Homosexualität akzeptiert. 2018 outete sie sich dann als nonbinäre Person mit weiblichen oder geschlechtsneutralen Pronomen. Auf «KiCk i» gestaltet Arca ihre eigene Vision von Pop-Musik und kriegt die Unterstützung von namhaften Kolleginnen wie Björk, Rosalia oder Shygirl. Für Arcas Verhältnisse ist «KiCk i» ihr bei weitem zugänglichste Werk. Eine Kollektion von 12 Songs, die mit industriellem Noise, futuristischen Beats, Cyber-Pop und experimentellen Torch Songs aufwartet.


NAEEM

Startsisha (Cargo)

Der in Baltimore geborene und in Los Angeles lebende Künstler und frühere Spank Rock-Rapper Naeem wagt einen Neubeginn. «Startisha» präsentiert Naeem als einen Künstler, der genreübergreifend, eklektisch, persönlich, spirituell und emotional zugleich sein kann. Das Album wurde im Studio von Justin Vernon, Frontmann von Bon Iver, aufgenommen und enthält zahlreiche Gastauftritte von Justin Vernon selber, Ryan Olson (Gayngs, Polica), Swamp Dogg, Velvet Negroni, Francis And The Lights, Amanda Blank und Micah James. Naeem singt und rappt auch über die Liebe zu seinem Freund und über das aufwachsen in seiner Heimatstadt Baltimore.


KEIYNAN LONSDALE

Rainbow Boy (Keiynan Lonsdale)

Der australische Schauspieler, Tänzer und Sänger Keiynan Lonsdale ist für seine Rolle als Bram Greenfeld in der Teenie-Coming-Out-Dramödie «Love, Simon» berühmt geworden. Auf seinem Debütalbum «Rainbow Boy» feiert der 28-Jährige mit nigerianischen Wurzeln seine Identität als queerer schwarzer Mann. Laut eigenen Angaben wollte er auf den 14 Songs wieder das Kind in ihm herausholen und zeigen, dass er den Glauben an Magie noch nicht verloren hat. In den Songs, die zwischen Pop, R&B und Rap pendeln, widerspiegeln sich die Befindlichkeiten einer neuen queeren Generation, die Toleranz und Akzeptanz auf der ganzen Linie fordern.


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Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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