«Nume nid gsprängt»

Dem Kanton Bern pressiert es (leider) nicht bei der statistischen Erfassung von LGBTI-feindlicher Gewalt.

Gestern jubelten wir «Danke Schweiz!». 63 Prozent der Stimmbevölkerung waren an der Urne der Meinung, dass wir LGB-Menschen einen besseren Schutz verdienen. Ein paar Stunden später holt uns der Berner Regierungsrat auf den Boden der Tatsachen zurück.

Im Anschluss an die gestrige Volksabstimmung war dann auch klar: Für die Umsetzung des Gesetzes braucht es eine statistische Erfassung von Hassverbrechen. «Wir wollen keine Gesellschaft, wo es zu unserem Alltag gehört, wo Menschen verprügelt werden, dass lesbische Paare sexualisiert werden und im Internet über uns alles gesagt werden darf, als gäbe es keine Menschenwürde», sagte Florian Vock von Pink Cross kurz nach der Bekanntgabe des Abstimmungsresultats.

Am 17. Mai des letzten Jahres hat Barbara Stucki zusammen mit Jan Gnägi, Natalie Imboden, Christa Ammann und Meret Schindler im Grossen Rat des Kantons Bern die Motion «LGBTl-feindliche Gewalt statistisch erfassen» eingereicht – zeitgleich mit gleichen Vorstössen in zwölf weiteren Kantonen.

Damals unterstrich Grossrätin Barbara Stucki: «In Anbetracht der gegenwärtigen Zunahme von physischen und verbalen Angriffen gegenüber LGBTI-Menschen ist es absolut dringlich, die derzeitige Praxis der Polizei zu ändern und die LGBTI-feindlichen An- und Übergriffe in den Kantonen zu erfassen». Nur so werde es möglich, dass wir betroffenen Menschen den Umfang der Angriffe mit Zahlen untermauern und die Behörden dazu bringen können, griffige Massnahmen zum Schutz zu ergreifen.

Heute publizierte der Berner Regierungsrat nun endlich seine Antwort zur Motion von Grossrätin Stucki. Er ist der Ansicht, «dass die Ergebnisse und mögliche Umsetzungsvorschläge auf nationaler Ebene abgewartet werden sollen, damit diese bei der Prüfung der Möglichkeiten zur Erhebung der entsprechenden Daten für den Kanton Bern berücksichtigt werden können».

Barbara Stucki fasst die langatmige Antwort des Berner Regierungsrates enttäuscht zusammen: «Handlungsbedarf? Nume nid gsprängt!». Zudem beantragt der Regierungsrat die Eingabe «nur» als Postulat anzunehmen – im politischen Alltag ist ein Postulat relativ unverbindlich und ist im Unterschied zur Motion von untergeordneter Bedeutung.

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