DJ Coreys Musiktipps
für den Sommer

Kylie Minogue, Mark Ronson, Will Young, Cassius, Hot Chip, Prince, Kim Petras, Jordan Rakei, Kimberose, Stereo Total

Kylie Minogue: Die Pop-Prinzessin dreht schon wieder die Uhr zurück. Mark Ronson: Der DJ und Top-Produzent hat Liebeskummer. Will Young: Der britische Sänger bleibt seinem balladesken Pop mit Dance-Elementen treu. French Touch Forever: die Seele des tödlich verunglückten DJ Philippe Zdar lebt weiter auf den neuen Alben von Cassius und Hot Chip. Prince: Der Kobold von Minneapolis öffnet zum zweiten Mal sein Archiv. Kim Petras: der Transpopstar präsentiert ihre neue Sommerpop-Kollektion. Neo Soul vs. Classic Soul: Jordan Rakei und Kimberose entwerfen ihre eigene Vision von Soul. Stereo Total: Dem frankophonen Duo aus Berlin sitzt stets der Schalk im Nacken.


KYLIE MINOGUE

Step Back in Time: The Definitive Collection (BMG Rights)

Kurzes Flashback. Zwischen 1985 und 1987 wurde Kylie Minogue mit der TV-Soap «Neighbours» in Australien und England bekannt. 1987 nahm sie das legendäre Produzenten-Trio Stock Aitken & Waterman unter Vertrag und machte sie zum internationalen Pop-Star. In den 90er-Jahren bemühte sich Kylie, das Image des «Nettes-Mädchen-von-nebenan» loszuwerden. Da ihre Versuche, anspruchsvolle Pop-Musik zu machen, beim grossen Publikum aber nicht so gut ankamen, musste sich der Pop-Star in den 00er-Jahren als «Sexy & Dance Kylie» neu erfinden. Eine Entscheidung, die sich seitdem bezahlt gemacht hat. «Step Back In Time» erzählt Kylies Musik-Geschichte durch 42 Songs, darunter die neue Dance-Pop-Single «New York». Das Doppelalbum erscheint zeitlich mit ihrem diesjährigen Auftritt am berühmten Glastonbury-Festival, nachdem sie 2005 ihre Teilnahme aufgrund einer Krebserkrankung absagen musste.


MARK RONSON

Late Night Feelings (Sony)

Er gilt als der einflussreichte DJ und Mainstream-Produzent des 21. Jahrhunderts. Der 44-jährige Brite hat u.a Amy Winehouse, Christina Aguilera, Adele und Lady Gaga produziert. Der massive Hit «Uptown Funk» mit Bruno Mars brachte ihm zwei Grammys ein. Und mit «Shallow» aus dem Soundtrack von «A Star is Born» holte er sich Ende Februar den Oscar für den besten Film-Song. Aber auch erfolgsverwöhnte Menschen sind von privaten Katastrophen nicht gefeit. Auf «Late Night Feelings» verarbeitet Mark Ronson die Scheidung von seiner Frau Josephine de La Baume und bringt Herzschmerz und Melancholie auf die Tanzfläche. Er lässt bekannte (Miley Cyrus, Alicia Keys, Lykke Li, Camilla Cabello) und weniger bekannte (Yebba, King Princess) Sängerinnen an seinem eigenen Leid teilnehmen. Seine «Sad Bangers» reflektieren seine Gefühlswelt zwischen Party-Euphorie und der Einsamkeit danach.


WILL YOUNG

Lexicon (Cooking Vinyl Limited)

Zu Ruhm kam der Brite als Gewinner der Casting-Show “Pop Idol” 2002. Heuriges Jahr hat Will Young seinen 40. Geburtstag gefeiert und ist neu bei einem unabhängigen Label unter Vertrag. Sein siebtes Album «Lexicon» erscheint vier Jahre nach «85% Proof». Der schwule Pop-Star mit der sanften Stimme trägt sein Herz auf der Zunge. Er gewährt uns einen tiefen Einblick in sein Innenleben, namentlich in seinen Kampf gegen Angst und Depressionen. Er zieht Bilanz über sein Leben und schaut mit Zuversicht nach vorne. Obwohl der Dance-Pop-Produzent Richard X auf dem Produzentenstuhl sass, ist «Lexicon» kein reiner Dance-Album geworden, sondern besteht zu ca. 80% aus emotionalen Balladen im Stil von Sam Smith. Oder hat sich Sam Smith von Will Young inspirieren lassen?


CASSIUS

Dreems (Ed Banger/Caroline/Universal)

Just ein Tag vor der Veröffentlichung von «Dreems» ist Philippe Zdar, DJ, Produzent und die eine Hälfte des French-House-Duos Cassius tödlich verunfallt. Seit den Neunzigern hat Zdar mit seinen Projekten Motorbass und Cassius nicht nur die French-House-Music massgeblich geprägt, sondern auch die moderne Dance-Music neu konzipiert. Auch als Produzent von u.a. den Beastie Boys, MC Solaar, Kanye West oder von der Indie-Band Phoenix konnte Zdar sein Können als Soundtüftler unter Beweis stellen und viele Preise einheimsen. Auf dem fünften Album «Dreems» präsentiert Cassius eine geballte Ladung von Disco-House-Pop. Funk-Samples, Neo-Disco und pumpender Deep House, also die Elemente, die Cassius auf ihrem Debüt «1999» so einzigartig kombinierten, sind wieder gekommen, um ewig zu bleiben. Der perfekte Soundtrack zum Dance-Sommer.


HOT CHIP

A Bath Full Of Ecstasy (Domino/Good To Go)

Seit bald 20 Jahren verrührt die britische Band Hot Chip elektronische Tanzmusik mit Indie-Sounds. Die ersten Charts-Erfolge konnten sie mit dem zweiten Album «The Warning» (2006) verbuchen. Seitdem liefert das Quintett um Alexis Taylor konstant gute Werke, die stets auf den Indie-Dancefloor schielen und sowohl den Körper als auch den Geist beleben. Auf ihrem siebten Album arbeiten die fünf Indie-Nerds zum ersten Mal mit zwei externen Produzenten zusammen. Der kürzlich verstorbene Philippe Zdar half Hot Chips, sich mit ihren House- und Hip-Hop-Einflüssen zu versöhnen. Auf «Spell» geben sich French-House, eine schlüpfrige Funky-Note und Vocoder-Effekte ein Stelldichein. Anderswo zieht Rodaidh McDonald (The xx) die Fäden und ergänzt die Tanzekstase um die nötige Prägnanz.


PRINCE

Originals (Warner)

Am 7. Juni 2019 hätte Prince seinen 60. Geburtstag gefeiert, aber am letzten 21. April war bereits sein dritter Todestag. «Originals» ist das zweite posthum veröffentlichte Album des Kobolds aus Minneapolis und folgt auf das im vergangenen Jahr veröffentlichte «Piano and a Microphone 1983». Bei «Originals» handelt es sich um Songs, die Prince für andere Künstler/innen geschrieben hat. Einige der 15 aus dem Archiv geholten Demo-Versionen wurden durch die Interpretationen von Appollonia 6 («Sex Shooter»), Sinéad O’Connor («Nothing Compares 2 U»), Bangles («Manic Monday»), Sheila E («The Glamorous Life») und Martika («Love…Thy Will Be Done») zu grossen Hits. Die Titel für das Album wurden im Auftrag der Prince-Erben von dem Produzenten Troy Carter ausgewählt. «Originals» bezeugt, wie bei Prince Genie und Wahnsinn nebeneinander liegen. Eine lohnenswerte Entdeckung.


KIM PETRAS

Clarity (BunHead)

Kim Petras, wurde als Tim in Köln geboren. Sie wurde mit 16 als weltweit jüngste Transsexuelle bekannt, deren Geschlecht operativ angeglichen wurde. Nun, mit 26, vollzieht Kim Petras einen anderen Wandel: denjenigen zur ernstzunehmenden Songschreiberin und Sängerin. In den USA wird die Künstlerin, die bereits Songs für Rihanna und Fergie geschrieben hat, mit Lady Gaga verglichen. Bisher hat sie über 150 Millionen Streams weltweit erreicht, Troye Sivan auf dessen landesweiter Tour im Vorprogramm begleitet und mit «Heart to Break» einen Top 40-Radio-Hit gelandet. Die zwölf Songs auf ihrem Debüt «Clarity» bewegen sich irgendwie zwischen 90’s Pop, R&B und Euro-Pop. Zwischen Britney Spears, Christina Aguilera und Robyn. An den Reglern drehte der berühmt-berüchtigte Lukasz Gottwald aka Dr. Luke, den Popstar Kesha 2014 wegen sexueller Übergriffe verklagt hatte.


JORDAN RAKEI

Origin (Ninja Tune / Rough Trade)

Der 26-jährige in London stationierte Neuseeländer spielte schon mit CHIC-Mastermind Nile Rodgers und arbeitete unter anderem mit R&B-Newcomerin Joria Smith und Electro-Produzenten Bonobo zusammen. Mit «Origin» gelingt Jordan Rakei ein Konzept-Album über eine Zukunft, in welcher die Menschen der Tyrannei der Technologie unterworfen sind. Unter einer Schicht aus verschachtelten Beats und Verfremdungseffekten verstecken sich allerdings Songs, die sich an klassischem 70er-Soul orientieren. Im Neo Soul von Jordan Rakei zwinkert also der Geist von Marvin Gaye und Sam Cooke. Fazit: Mit «Origin» vollführt der junge Künstler den Balanceakt zwischen Tradition und Moderne.


KIMBEROSE

Chapter One (Believe / Soulfood)

Kimberose ist die Gruppe von Kimberly Kitson Mills, einer 28-jährigen Singer-Songwriterin mit ghanaischen Wurzeln, die aus London stammt, aber in Frankreich lebt. 2013 hat Kimberly an der französischen Casting Show «Nouvelle Star» teilgenommen, was sie heute zum Teil bereut. 2018 machten Kimberose mit klassischen 60er-Jahre-Soul-Klängen von sich reden. In Frankreich spielen sie in ausverkauften Hallen und ihr Debütalbum «Chapter One» von 2018 ging weg wie warme Weggli. Kimberose reproduzieren mit Bravour die alte Schule des R&B und Soul und feiern ihre Liebe zum analogen Sound im Stil alter Soul- und Jazzlabels. Kimberlys aussergewöhnliche Stimme erinnert an längst verstorbene Soul- und Jazz-Divas und berührt schon beim ersten Laut mitten im Herz.


STEREO TOTAL

Ah! Quel Cinéma (Tapete)

Das nenne ich ein cooles Duo. Seit 25 Jahren gehen Stereo Total unbeirrt ihren Weg aus Lo-Fi-Pop, Elektro-Punk und französischem Yéyé-Beat. Dem erprobten elektro-trashigen Sound mit den schrägen, mehrsprachigen Texten, selbstverständlich in charmantem französischem Akzent, kann man wohl nur schwer widerstehen. Auf dem 12. Album «Ah! Quel Cinéma!» (auf Deutsch: Was für ein Theater) spielen Françoise Cactus und Brezel Göring wieder billige Kinderinstrumente. Die Platte wurde auf 8-Spur-Kassetten aufgenommen, um das LoFi-Gefühl originalgetreu einzufangen. Die Platte macht unglaublich Spass und lässt uns in eine heitere, unbeschwerte Stimmung kippen. Die äusserst abwechslungsreiche Revue wird durch Stereo Totals eigenartige theatralische Lebenseinstellung zusammengehalten.


Sendung hören:

Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
https://queerup.ch/gayradio

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