DJ Coreys Musiktipps für den Mai

Angélique Kidjo, Beyoncé, Lizzo, P!nk, Marina, Bananarama, Bilal Hassani, SOAK und Jay-Jay Johanson

Afrika trifft auf Kuba: Der World-Music-Star Angélique Kidjo zollt der Salsa-Königin Celia Cruz Tribut. Eine Meisterin der Inszenierung: Beyoncé dokumentiert ihr triumphales Heimspiel beim Coachella-Festival 2018. Lizzo, die Beth Ditto des R&B, hält ein Plädoyer für Selbstliebe und Body Positivity. Tanztherapie gegen Angststörungen und Depressionen: P!NK sagt laut JA zum Menschsein. Marina minus The Diamonds = mehr Pop und weniger Indie. 80s Reboot: Die berühmte Girlgroup Bananarama macht als Duo weiter. Den massiven Drohungen zum Trotz: Der französische Newcomer Bilal Hassani richtet sein LGBT-Königreich auf. Grim Town: die irische Songwriterin SOAK präsentiert ein Konzeptalbum über das Ende der Jugend. Frühlings-Blues: Auch in der schönen Jahreszeit frönt der schwedische Singersongwriter Jay-Jay Johanson seiner Melancholie.


ANGÉLIQUE KIDJO

Celia (Verve)

Die 57-jährige Angélique Kidjo weist schon einige Gemeinsamkeiten mit der Salsa-Königin Celia Cruz auf. Beide flohen aus ihren Heimatländern vor den Kommunisten. Celia Cruz 1960 aus Kuba nach New York, Kidjo 1982 aus Benin nach Paris. Beide Sängerinnen haben nur ihre Musik ins Exil mitgenommen und sie allmählich mit neuen Sounds vermischt. Für ihr Album “Celia” überträgt Angélique Kidjo zehn Stücke der glamourösen Latino-Queen nach Afrika. Wie bei ihrer Neuinterpretation des kultigen Talking-Heads-Albums “Remain In Light” von 2018, geht es Angélique Kidjo auch bei diesem Projekt darum, die afrikanischen Wurzeln in der Musik anderer Künstler, die sie bewundert, ins Zentrum zu stellen. Mit dem Afrobeat-Miterfinder Tony Allen, der Bassistin Meshell Ndegeocello und den Musikern von Sons Of Kemet gelingt Angélique Kidjo eine kongeniale Neuerfindung des Repertoires von Celia Cruz.


BEYONCÉ

Homecoming: The Live Album (Parkwood Entertainment, Sony Music)

2018 war Beyoncé die erste afroamerikanische Headlinerin in der Geschichte des berühmten Coachella-Festivals. Ein gigantisches Ereignis, das ein Marching Brass Band Orchester und 100 Tänzern und Tänzerinnen auf der Bühne vereinte. Mit dem zweistündigen Konzert, das auch in die Netflix-Doku «The Homecoming» eingeflossen ist, setzt Queen Bee der afroamerikanischen und insbesondere der College-Kultur ein fantastisches Denkmal. Beyoncé bietet eine Show der Superlative, wo Unterhaltung und soziales Bewusstsein wunderbar zusammenleben. Die kleine Reunion mit ihren ehemaligen Destiny’s-Child-Kolleginnen und natürlich der Gastauftritt ihres Ehemanns, Rapper Jay-Z, runden dieses unvergessliche Spektakel ab.


LIZZO

Cuz I Love You (Nice Life Recordings / Atlantic /WEA)

Melissa “Lizzo” Jefferson, Sängerin, Flötistin und Twerkerin, ist die Beth Ditto des R&B. Wie die Ex-Frontfrau von Gossip rebelliert die 30-jährige Amerikanerin gegen die männliche Vorherrschaft in der Musikszene und setzt sich für Selbstachtung, Body Positivity und LGBTQ-Rechte ein. «Cuz I Love You» ist ihr erstes Album bei einem Major Label. Ihre Hip-Hop Vergangenheit schimmert in ihrem Duett mit Vorreiterin Missy Elliott «Tempo» zwar noch durch. Aber im Grunde genommen setzt Lizzo auf Humor und Pop, den sie mit Rock, Soul, Funk und R’n’B anreichert. Genauso, wie es ihr Mentor Prince vorgemacht hat, den Lizzo auf seinem Album «Plectrumelectrum» als Gastsängerin verpflichtete. «Cuz I Love You» ist das Werk einer selbstbewussten Frau, die überall das Maximum geben will.


P!NK

Hurts 2B Human (RCA)

Alecia Moore, besser bekannt als P!NK, geht auf die 40 zu. Mit Khalid, Sia, Chris Stapleton, Beck und Dan Reynolds von Imagine Dragons schmiedet die Amerikanerin ein perfektes Album über die inneren Dämonen, gegen welche sie bereits seit ihren 20ern kämpft: Pillenabhängigkeit, die ambivalente Beziehung zu ihrem Körper und ihrer Familie. Lassen wir uns von der Euphorie des Openers «Hustle» nicht in die Irre führen. Denn schon bald gewährt P!NK tiefe Einblicke in die Abgründe ihrer Seele. «Hurts 2B Human» liegt auf halbem Weg zwischen zeitgemässem und traditionellem Pop. Zwischen digitalen und akustischen Klängen. Zwischen Exaltiertheit und Introspektion. Zwischen Siegerpose und Verliererdepression.


MARINA

Love + Fear (Atlantic Records UK / Warner)

Vier Jahre nach «Froot» legt die britische Lana Del Rey ihr erstes Album ohne den Zusatz «And The Diamonds» vor. Die klassisch ausgebildete Sängerin mit der glasklaren Schluckauf-Stimme braucht nicht mehr sich hinter einer Kunstfigur zu verstecken. Auf «Love + Fear» lässt Marina sämtliche Masken fallen. Frei inspiriert durch die Thesen der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross, hat die eigenwillige Künstlerin zweimal acht Songs zu den Gefühlen Liebe und Angst komponiert. Am Album haben diverse Songschreiber und Produzenten mitgewirkt, wie Sam de Jong, das US-Remix-Team Captain Cuts und die britische Dance-Combo Clean Bandit. So klingt die neue Marina weniger nach Florence Welch oder Kate Bush, dafür mehr nach Ellie Goulding. Das heisst: mehr Pop und weniger Indie.


BANANARAMA

In Stereo (In Synk)

In den 80er-Jahren waren Bananarama eine regelrechte Institution in Sachen Girlgroups. In wenigen Jahren hat das Trio um Sara Dallin, Keren Woodward und Siobhan Fahey zirka 30 Singles in die britischen Charts platzieren können, wie z.B. “Cruel Summer”, “Venus” und “I Heard A Rumour”. Von der Originalbesetzung sind heute nur Sara Dallin und Keren Woodward übriggeblieben, nachdem Siobhan Fahey ihre Kolleginnen nach der Comeback-Tour in 2017 zum zweiten Mal verlassen hat. Auf dem 11. Album “In Stereo” erliegen Bananarama nicht dem Charme, ihre Hits aus den 80ern zu reproduzieren. Vielmehr verfeinern sie mit ihrem treuen Produzenten Ian Masterson ihre Sound-Formel. Neu switchen sie von Club-Sounds auf Electro-Pop im Stil von Kylie Minogue. Gar nicht schlecht für zwei Mittfünfzigerinnen.


BILAL HASSANI

Kingdom (Play Two)

Das Debüt des 19-jährigen Franzosen mit marokkanischen Wurzeln skizziert das Porträt eines jungen schwulen Mannes, der mit den konventionellen Gendernormen bricht und für den die Forderung nach Akzeptanz eine primäre Rolle spielt. In den sozialen Netzwerken ist Frankreichs androgyner Kandidat für den Eurovision Song Contest bereits ein Star. Das hat ihm nicht nur viele Anhänger/innen, sondern auch verbissene Feinde beschert. Gegen den Hass der üblichen Homophoben muss sich Bilal Hassani ständig wehren. Das hält ihn nicht davon ab, seine Botschaft von Liebe und Toleranz unbeirrt zu verbreiten. Auf bunten Pop-Songs mit orientalischem Flair und einer Prise R&B, an welchen das Duo Madame Monsieur und Lili Poe mitgewirkt haben, errichtet Bilal Hassani sein musikalisches Königreich. Der ultimative Sieg eines LGBTQ-Helden.


SOAK

Grim Town (Rough Trade/Beggars/Indigo)

SOAK, das Akronym aus Soul und Folk, ist der Künstlername der 23-jährigen nordirischen Singer-Songwriterin Bridie Monds-Watson, die schon mit 14 ihr Coming Out hatte. Auf ihrem Debüt «Before We Forgot To Dream» erzählte die damals 19-jährige in akustischen dream-poppige Perlen, wie es ihr zwischen Pubertät und Erwachsenwerden erging. Auf «Grim Town» ist SOAK definitiv im Erwachsenenleben angekommen. Dieses Album widmet sie allen einsamen, desillusionierten und verlorenen Seelen, die wie ein Schock von der Ernüchterung nach einer durchzechten Party-Nacht getroffen werden. SOAK schwankt faszinierend zwischen Wehmut und Überschwang. Soul und Folk bereichern ihren tollen Indie-Pop.


JAY-JAY JOHANSON

Kings Cross (29 Music)

Auf seinem mittlerweile 12. Album «Kings Cross» zaubert der schwedische Singer-Songwriter 12 Songs auf der Schnittstelle zwischen Pop, Jazz und Trip-Hop hervor. Er hat es wieder geschafft, durch seine Melodien in Moll und seine bitteren Texte eine authentische melancholische Stimmung auf Platte zu bannen. Auf der ersten Single-Auskopplung «I Heard Somebody Whistle» verführt der wehmütiger Crooner immerhin mit jazzigen Grooves und eingängigen Blues-Harmonien, die an den französischen Künstler Saint Germain erinnern. Dieser Song gehört zum Soundtrack zum schwedischen Film «Swoon», in welchem Jay-Jay Johanson die Rolle eines Jazz-Musikers während des zweiten Weltkriegs spielt. Ebenfalls hörenswert ist «Fever», ein erstklassiges Duett mit der französischen Singer-Songwriterin Jeanne Added.

 


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Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
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