DJ Coreys Musiktipps
für den Januar

LB, Jeanne Added, Marco Mengoni, Poppy, Clean Bandit, Hollydays, Vox Lux, Adeline

Mehr als One-Hit-Wonder: Die Songs von Laura Pergolizzi oder einfach LP finden den Weg vom Herz zum Mund. French-Pop der Zukunft mit englischen Texten: die neue Sinnlichkeit von Jeanne Added. Zeitgenössischer Italo-Pop: Marco Mengoni schielt auf den globalen Markt. Vom You-Tube-Phänomen zur Pop-Sängerin: die Entwicklung von Poppy. Drama-Pop: für den Musikfilmdrama «Vox Lux» hat die Australierin Sia emotionsgeladene Pop-Songs geschrieben. Was ist Liebe? Die britische Dance-Combo Clean Bandit findet 16 musikalische Antworten auf die schwierige Frage. Hollydays: das französische Duo präsentiert mit «Hollywood Bizarre» seine Version des melancholischen French Pop. Disco-Revival: die amerikanische Sängerin Adeline beweist, dass Disco nicht totzukriegen ist.


LP

Heart To Mouth (BMG)

Die amerikanische Singersongwriterin LP, Akronym für Laura Pergolizzi, schrieb lange Songs für Rihanna, Cher, Christina Aguilera, Rita Ora und die Backstreet Boys. Ihre eigene Karriere wollte aber nicht richtig abheben. Erst nach vier erfolglosen Alben gelang dem Wuschelkopf mit «Lost On You» ein veritabler Hit, der ihr die längst verdiente internationale Anerkennung bescherte. Im letzten Herbst stürmte sie im Duett mit Mylène Farmer die französischen Charts und kürzlich hat Morrissey sie eingeladen, an seinem nächsten Album mitzuwirken. Das ist nicht besonders verwunderlich, denn LP sprudelt nur so über vor Ideen und Energie. Auf «Heart To Mouth» verwandelt LP ihre Emotionen in dramatischen Rock-Songs mit Country-, Pop- und Soul-Anleihen. Ihre nasale, an Stevie Nicks von Fleetwood Mac erinnernde Stimme verleiht dem Album einen hohen Wiedererkennungswert.


JEANNE ADDED

Radiate (Naïve/Believe)

Christine And The Queens haben den Weg für den genderfluiden French-Pop der Zukunft geebnet. Nun ist Jeann Added an der Reihe. Die 37-jährige Französin war lange als Jazz-Sängerin unterwegs, bis sie auf ihrem ersten eigenen Album «Be Sensational» ihrer Leidenschaft für den dunklen Post-Punk-Sound endlich nachgehen konnte. Auf dem Nachfolger «Radiate» schaltet Jeanne Added ihre Wut ein Paar Gänge zurück und kann ihre inneren Dämonen besänftigen. Das franko-schottische Produzenten-Duo Maestro vom Elektro-Label Tiger Sushi fügt der Intimität der Songs einen angenehmen Schwung hinzu. «Falling Hearts» kokettiert mit der Tanzfläche und «Mutate» kombiniert Jeanne Addeds gefühlvolle Stimme mit pulsierendem Synth-Pop. Dieser Wechsel zu mehr Sinnlichkeit deutet eine interessante Entwicklung in Jeanne Addeds Karriere an.


MARCO MENGONI

Atlantico (Sony)

Nach drei Alben mit dem Hit-Produzenten Michele Canova hat Marco Mengoni das Bedürfnis verspürt, Kraft zu tanken und die Welt zu bereisen. Auf «Atlantico» verarbeitet der Sänger seine musikalischen Eindrücke der letzten zwei Jahre. Er traut sich zum Teil aus seiner Komfortzone und erkundet neues Terrain. Der italienische Pop-Star bewegt sich zwischen zwei Hauptpolen. Einerseits gibt es den Elektro-Pop wie z.B. in «Voglio», andererseits entdeckt er den latinoamerikanischen Sound, der die Charts der letzten Jahre eroberte. Der neue Marco Mengoni wirkt umso interessanter, wenn er die Elektronik beiseitelegt und auf akustische Klänge setzt, wie z.B. in «La casa azul» mit einem Kurzauftritt von Pop-Grösse Adriano Celentano oder in delikaten Balladen wie «La ragione del mondo» oder «Dialogo tra due pazzi».


POPPY

Am I A Girl? (I’m Poppy Records/Mad Decent)

Seit 2014 ist die Amerikanerin Poppy, die im richtigen Leben Moriah Pereira heisst, zum Youtube-Phänomen avanciert. Ihre verwirrenden Videos, in welchen sie z.B. an ihrer rosa Zuckerwatte zupft oder «I am Poppy» wie ein Mantra wiederholt, wurden millionenfach angeklickt. Poppy reicht die Rolle einer alternativen Internet-Barbie wohl nicht, sondern sie will auch Musik machen. Inzwischen hat sie einen Plattenvertrag bei Mad Decent bekommen, dem Label vom renommierten DJ Diplo. Auf «Am I A Girl?» setzt sich Poppy mit Genderthemen, Identität, Robotern und teurer Mode auseinander. Musikalisch kann sie sich aber noch nicht festlegen. Eingängige Popsongs wie die Kollaboration mit Diplo «Time Is Up» oder die tanzbare Synth-Pop-Nummer «Fashion After All» sind ihr richtig gut gelungen. Leider ist der letzte Drittel des Albums aber definitiv zu experimentell und entsprechend sehr anstrengend geraten.


VOX LUX

Original Motion Picture Soundtrack (Three Six Zero Recordings/Columbia Records)

Musikfilme haben zurzeit Hochkonjunktur. Das Musikdrama «Vox Lux» vom Regisseur Brady Corbett mit Natalie Portmann wird es an der Kinokasse allerdings schwer haben. Denn es ist weder eine Kitschromanze wie das Remake von «A Star Is Born» noch ein glattgebügeltes Biopic wie «Bohemian Rhapsody». «Vox Lux» erzählt vom Aufstieg der komplett unbekannten Teenagerin Celeste, die als Einzige den Amoklauf an ihrer Schule überlebt, zum Pop-Star. Nicht nur der Ruhm, sondern auch ein Terroranschlag und ein mutmasslicher Teufelspakt werden Celestes Leben auf die harte Probe stellen. Für den furchterregenden Instrumental-Score zeigt sich Musikveteran Scott Walker verantwortlich, während die Australierin Sia und deren Produzent Greg Kurstin epische Pop-Hymnen komponierten. Schauspielerin Natalie Portmann ist als Sängerin Celeste eine richtige Offenbarung.


CLEAN BANDIT

What Is Love? (Atlantic)

Ihr Debüt «New Eyes» und die massive Hit-Single «Rather Be» mit Sängerin Jess Glynne verschafften Clean Bandit 2014 den internationalen Durchbruch. Auf «New Eyes» verschmolz die britische Combo Klassik und House zu einer luftigen und natürlichen Mischung. Schlussendlich hatten sich zwei ihrer Mitglieder im Streichquartett kennengelernt. Nach dem Ausstieg des Violonisten Neil Amin-Smith im Jahr 2016 haben sich die drei anderen Bandmitglieder fast endgültig von den klassischen Stilelementen verabschiedet. Auf «What Is Love?» setzen Clean Bandit komplett auf unbeschwerte radiotaugliche Elektropop-Nummern und kleine Exkurse in Latin-Pop und Dancehall. Das Album protzt mit einem Staraufgebot von Gastsängern von Rita Ora, Ellie Goulding, Anne-Marie bis zu Craig David und Sean Paul, die sich des Hitpotentials der Songs völlig bewusst sind.


HOLLYDAYS

Hollywood Bizarre (Polydor/Universal)

Das französische Duo Hollydays besteht aus dem schwulen Sébastien Delage (Synthie, Programmierung, Gitarre) und dessen bester Freundin Élise Preys (Gesang). Zusammen teilen sie eine gemeinsame Vision des Pop-Songs, eine masslose Liebe für feine Melodien, Melancholie und den Kontrast der Gefühle. In ihrer Musik treffen sich der French Pop à la Françoise Hardy, der Trip-Hop à la Massive Attack und der Elektro-Pop à la Christine And The Queens. Für die Texte, die sich um Themen wie Ehebruch («Léo»), Verlust («Amor Amor»), Selbstakzeptanz und das Coming-Out («Monsieur Papa») drehen, sind der Journalist Antoine Patinet, die Sängerin Keren Rose und den Singersongwriter Pierre Lapointe zuständig. «Hollywood Bizarre» ist ein erfrischendes Stück Popmusik aus Frankreich, das trotz des dunklen Grundtenors den Optimismus nicht verliert.


ADELINE

[ad-uh-leen] (Eigenvertrieb)

Adeline Michèle ist die Sängerin bei Escort, einer Nu-Disco-Band aus Brooklyn. Nach fast 13-jähriger Band-Aktivität startet sie parallel eine Solo-Karriere als Adeline. Dem im Eigenvertrieb erschienen Debüt «ad-uh-leen» sind in den letzten Monaten ein paar interessanten Singles vorausgegangen, unter anderem die von Hercules & Love Affair produzierte Disco-Nummer «Before». Adeline liebt Disco über alles. Für sie ist Disco nie von der Bildfläche verschwunden und wie jedes andere Musikgenre hat sich Disco im Lauf der Zeit stetig entwickelt. Adeline changiert zwischen Classic Disco, Hi-NRG, 80’s-R&B und 90’s-House. Dem fügt sie eine gehörige Portion Funky-Bässe hinzu. Adeline schrieb und sang nicht nur alle Songs ihres Albums, sondern produzierte auch den größten Teil selbst. Ihr Soul-Gesang ist einwandfrei und klingt in der eleganten Souljazz-Ballade “Emeralds” einfach klasse.


Sendung hören:

 

Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
https://queerup.ch/gayradio

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