Zu Tränen gerührt

«Répondez-moi» von Gjon’s Tears ist unser Song für den ESC 2020

Die Katze ist aus dem Sack: Gjon’s Tears vertritt die Schweiz am Eurovision Song Contest 2020 in Rotterdam. Der Song «Répondez-moi» wird von SRF als mystisch und intensiv angepriesen. DJ Ludwig hat sich den Song angehört und sein eigens Urteil gebildet …

Am 4. März verkündete SRF an einer Pressekonferenz wer die Schweiz im Mai am Eurovision Song Contest 2020 in Rotterdam vertreten wird. Es ist der 21-jährige Musiker Gjon’s Tears. Sein Song «Répondez-moi», den er zusammen mit den Songwritern Xavier Michel, Alizé Oswald und Jeroen Swinnen im Rahmen des Schweizer Songwriter-Camps geschrieben hat, wurde von einem 100-köpfiges Zuschauerpanel und eine 20-köpfige internationale Fachjury bestimmt. Da wir nicht informierte wurden, welche anderen Songs zur Auswahl standen, können wir nicht sagen, ob es tatsächlich der beste war, aber bestimmt lässt sich sagen: es ist ein guter Song. Doch bevor ich «Répondez-moi» bewerte und die Chancen abchecke, wollen wir uns dem Künstler widmen. Wer ist Gjon’s Tears?

Das ist Gjon’s Tears

Der 21-jährige Gjon’s Tears heisst mit bürgerlichem Namen Gjon Muharremaj. Seine Eltern kommen aus Albanien und aus dem Kosovo, aufgewachsen ist er in Broc im Kanton Freiburg. Schon als Kind begann er mit dem Singen. Seine Stimme habe Gjons Grossvater jeweils so berührt, dass ihm die Tränen kamen. Das ist auch der Grund, wieso er sich später den Künstlernamen Gjon’s Tears gab. Es war dann auch sein Grossvater, der ihn 2011 bei der Talentshow «Albanians Got Talent» anmeldete. Der damals 12-Jährige erreichte dort den dritten Platz. 2012 machte er bei «Die grössten Schweizer Talente» mit und kam ins Halbfinale. Nach diesen ersten Erfolgen, liess sich der Bub Zeit um zum Mann zu werden und seinen musikalischen Weg zu erkunden. Gereift und selbstbewusst stellte er sich letztes Jahr der Jury der französischen Castingshow «The Voice – la plus belle voix». Alle vier Coaches drückten den Buzzer. Gjon entschied sich für das Team Mika. An der Show sang er u.a. Songs von Christine and the Queens, Elton John und Queen. Er schaffte es bis in Halbfinale.

 

Gjon’s Tears Blind Audition bei The Voice France, 2019

 

Jetzt stellt sich Gjon’s Tears der nächste Herausforderung: Eurovision Song Contest. «Der ESC ist der grösste Musikevent, den es gibt – und für einen Künstler bedeutet es enorm viel, Teil davon sein zu dürfen», schwärmt er und erklärt weiter: «Getreu dem diesjährigen Slogan ‹Open Up› bin ich völlig offen für dieses einzigartige Abenteuer und freue mich auf alles, was damit verbunden ist!». Weiter meint er: «Ich möchte am Eurovision Song Contest mein Bestes geben und stolz darauf sein, wer ich bin, woher ich komme und was ich erreicht habe. Ich möchte die Menschen mit ‹Répondez-moi› ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen.»

Das ist der Song

«Répondez-moi» wird von SRF als mystisch und intensiv angepriesen. Böse Zungen werden ihn wohl eher als unerkennbar und langweilig bezeichnen. Ich finde das Lied ist schön, melancholisch und vor allem überzeugend dank der tollen Stimme von Gjon’s Tears. Das Thema des Songs ist für Gjon sehr persönlich, und gleichzeitig ist es universell und spricht jeden an, findet er: «Jeder fragt sich doch, warum wir genau hier sind, woher wir kommen, wohin wir gehen. Besonders für Menschen mit Migrationshintergrund sind das essenzielle Fragen. Meine Eltern stammen aus Albanien und aus dem Kosovo. Auch wenn ich in der Schweiz aufgewachsen bin und hier meine Heimat ist, sind das Themen, die mich sehr beschäftigen.». Der Song hat seine Qualitäten und muss sich nicht verstecken. Doch wie stehen die Chancen am grössten Musikwettbewerb der Welt eine Top-Position zu erreichen?

Das sind die Chancen

Sowohl Sänger wie auch Song sind komplett anders als unser Beitrag vom letzten Jahr. Luca Hänni ist ein sehr sympathischer Kumpel-Typ, voller positiver Energie, der auch noch heiss aussieht und mit seinem schmissigen Song das Publikum begeistern konnte. Ich persönlich fand «She’s Got Me» von Luca Hänni etwas berechnend und simpel. Aber die Rechung ist aufgegangen. 4. Platz im ESC-Finale ist ein Glanzresultat für die Schweiz. Das wird von Gjon’s Tears nur schwer zu toppen sein.

Auch Gjon ist sympathisch, aber eher Typ ‹Bester Freund›, bei dem man sich auch mal ausweinen kann. Gjon als sexy zu bezeichnen wäre abwegig. Er spricht nicht die Lenden, sondern die Herzen an. ‹Härzig› ist er aber schon, mit seinem putzigen Lockenkopf. Der melancholische Song «Répondez-moi» passt zum nachdenklichen Gjon. Solche Songs haben am ESC durchaus Chancen, wie 2017 der Sieg von Salvador Sobrals «Amar pelos dois» gezeigt hat. Auch Duncan Laurence gewann letztes Jahr mit einer traurigen Ballade. Aber – «Répondez-moi» fehlt der Ohrwurm-Charakter. Dafür hat er den Gänsehaut-Faktor. Wenn Gjon’s Tears seine Stimme in die Höhe schweben lässt, ist das schon beeindruckend und man versteht Gjons Grossvater, den die Stimme seines Enkels zu Tränen rührte. Ob er damit die Herzen des Millionen Publikums in Europa erreichen wird, und auch bei ihnen Tränen in die Augen treibt, wird sich am 14. Mai zeigen, wenn die Schweiz im 2. Halbfinale antreten wird. Ob wir den Sprung ins Finale schaffen werden, hängt nicht nur von Gjons Auftritt an diesem Abend ab, sondern auch von der Konkurrenz. Wie die aussieht, erfährst du bald hier.

Bern.lgbt wünscht Gjon jedenfalls alles Glück und viel Kraft diesen Wettbewerb zu seinen Gunsten zu bestreiten.

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