Eurovision 2025 – höllisch oder himmlisch?

DJ Ludwigs Verdikt zu den diesjährigen ESC-Songs

Was soll die Eurovision sein? Teuflisches und lustiges Spektakel oder überirdisches und gefühlvolles Liedgut? Wenn möglich beides. Letzteres kommt meistens zu kurz. Der Fun- & Trash-Faktor nimmt auch am 69. Eurovision Song Contest überhand. Für leise Töne und sorgfältiges Songwriting bleibt nicht viel Platz. Ludwig, Party- und Radio-DJ seit Dekaden und Eurovision-Fan seit Kindheit, hat sich die 37 Songs angehört. Sein manchmal böses, manchmal liebes Verdikt.

Mein Herz schlägt für qualitativ gute Songs. Lieder mit einer schönen, einprägsamen Melodie, einem sinnvollen Text und einem musikalischen Unterbau, der innovativ oder zumindest zeitlos ist.  Ich habe nichts dagegen, wenn man Stile aus dem reichen Pop-Fundus zitiert oder sogar dekonstruiert und damit etwas Neues schafft. Was mich hingegen nervt, ist, wenn fantasielos kopiert wird, wenn ein Song nach Aufmerksamkeit schreit, und schaut man hin, ist nichts dahinter – nur Schein, kein Sein. Der Schein, also die Show, ist beim grössten Musikwettbewerb der Welt wichtig. Und doch, er heisst Eurovision SONG Contest, und nicht SHOW-Contest. Wünschenswert wäre, dass die präsentierten Lieder etwas mit den Menschen in Europa zu tun haben, wenn sie eine Vision haben, etwas über unser Zusammenleben erzählen, unsere Zeit reflektieren oder Hoffnung machen. So war Nemos Sieg eine Genugtuung für mich. Nicht aus patriotischen Gründen, sondern aus musikalischen. Nemo inszeniert für den Song «The Code» nicht nur eine spektakuläre Show, dei war auch musikalisch innovativ und überzeugte zudem mit einem guten Text und einer relevanten Botschaft. Alles richtig gemacht. Den Sieg zurecht verdient.

Nemo sei Dank findet der Eurovision Song Contest 2025 vom 13. bis 17. Mai in Basel statt. Das Genörgel nach dem Sieg, gegen den ESC im Allgemeinen und die beschämenden Hater-Kommentare zu Nemos Nonbinärität im Speziellen, waren nur peinlich. Die Eurovision als LGBT-Propaganda, Woke-Indoktrination oder gar als satanistisch zu bezeichnen, wie das einige machten, ist einfach dumm. Typisch Schweiz halt, durfte darüber abgestimmt werden, ob die Stadt Basel Geld ausgeben darf, um die ESC-Show auf die Bühne und auf die Strassen zu bringen. 66,6 % des Stadtvolks sagten Ja dazu. Ausgerechnet 66,6 %! Ist doch die 666 ein Symbol für Satan. Hatte die christlich geprägte Partei EDU, die diese Abstimmung erzwang, doch recht? Hatte da der Teufel seine Hände im Spiel? Ist gut möglich, denn wer eine aufregende Show will, geht besser in die Hölle. Wie wird die TV-Show in Basel werden? Höllisch krass oder himmlisch schön? Hoffentlich beides!

Ich habe mir alle 37 Lieder angehört, die am 69. Eurovision Song Contest antreten werden, um zum besten Song 2025 gewählt zu werden. Es war oft die Hölle, was ich da ertragen musste, doch ein paar Mal auch, als ob ich im Himmel wäre. Wer in nachfolgender Bewertung nicht erwähnt wird …? Mein Schweigen ist ihre Strafe.


Die Favoriten

In den Wettbüros glauben die meisten an den Sieg von Schweden, vertreten durch KAJ mit «Bara Bada Bastu». Schon wieder Schweden? Bitte nicht! Sie schicken drei Komödianten aus Finnland nach Basel. Drei Männer in Anzug und Krawatte, die im Wald in eine Sauna gehen – und das nicht mal nackt! Lustig? Ich weiss nicht. Auf mich wirkt es, als ob drei verunsicherte Bankangestellte auf der Suche nach ihrer verlorenen Männlichkeit sind und dabei johlen. Der Grund für die Verunsicherung dieser Männer kommt aus ihrer Heimat Finnland. Erika Vikman gibt auf der Bühne das hypersexualisierte Super-Weibchen. Mit einem Stock zwischen den Beinen singt sie «Ich komme»! Da bei ihrem Auftritt kein Mann auf der Bühne steht, ist klar: Diese Frau schafft das allein. Kraftvoll, aber leider nicht sinnlich. Erika Vikman wird am Wettbewerb den Höhepunkt nicht erreichen, dafür kann sie die Spiesser etwas schockieren und hoffentlich befriedigt von der Bühne gehen.

Die Favoriten: KAJ (Schweden), Erika Vikman (Finnland), Louane (Frankreich) und JJ (Österreich)

 

Ein Sieg für Frankreich am ESC wäre an der Zeit. Seit dem Sieg von Marie Myriam mit dem Chanson «L’oiseau et l’enfant», welches ich als Kind liebte, sind 48 Jahre vergangen! In den letzten Jahren hat Frankreich oft universell verständliche Chansons geschickt, vorgetragen von einem renommierten Act aus der reichhaltigen Popkultur der Grande Nation. Damit hat sie jeweils gut gepunktet. Auch dieses Jahr hat Frankreich gute Karten, um das Spiel zu gewinnen. Sie schickt die weit über den frankophonen Sprachraum hinaus bekannte Sängerin Louane an den Wettbewerb, mit einem für alle verständlichen Songtitel: «Mama». Vorgetragen wird er mit einer olympischen Erhabenheit, die zu beeindrucken weiss. Das könnte was werden. Doch finde ich, dem Song fehlt das gewisse Extra. In den Wettbüros steht Louane auf Platz drei (Stand 1. April 25).

Auf Platz zwei bei den Wettenden steht der Österreicher JJ mit «Wasted Love». Ein epischer Song mit grossem Orchester, Operngesang und als Crescendo Drums auf Speed. Erinnert etwas an «The Code» von Nemo. Johannes Pietsch, wie der queere JJ mit bürgerlichem Namen heisst, hat wie Nemo den Song (mit)geschrieben. Seine klassisch ausgebildete Falsett-Stimme ist fantastisch. Damit erreichte JJ das Finale der Castingshow «Starmania» und wurde mehrmals für die Wiener Staatsoper gebucht, wie für Mozarts «Zauberflöte». Der Countertenor klingt beinahe überirdisch, wirkt jedoch authentisch, wenn er singt: «I’m an ocean of love. And you’re scared of water». Vielleicht fehlt dem Song der markante Hook, doch wird er auf der Bühne richtig in Szene gesetzt, könnte ein Sieg möglich sein.


Männlichkeit

Der queere Tscheche ADONXS beeindruckt mit seiner Stimme, die einige Oktaven tiefer ist als die von JJ. Am Anfang des Songs verursacht seine sonore Stimme ein wohliges Gefühl, später wird es dramatisch. Die Lyrics von «Kiss Kiss Goodbye» sind zwar etwas dürftig, doch der Castingshow-Gewinner trägt seinen Namen ADONXS nicht umsonst, er ist ein Adonis. Armeniens Vertreter am ESC ist Parg, auch sehr attraktiv. Männlich, gutaussehend und mit starkem Bartwuchs, singt er «I’m a surviver». Nein, überleben wird er den Halbfinal nicht. Sein Live-Gesang ist bestenfalls genügend, seine englische Aussprache zum Fremdschämen, der einfallslose Song ganz bestimmt ungenügend. Komplimente verdient hat Princ aus Serbien. Denn singen kann das «Stimmwunder von Vranje», wie er in seiner Heimat liebevoll genannt wird. Seine Männlichkeit zeigt er mit Löwenmähne, dramatischer Gestik und damit, dass er leidet wegen seiner Liebe zu einer Frau namens «Mila». Er singt diese typische ESC-Ballade in seiner Muttersprache, was glaubwürdig rüberkommt. Der Song erinnert etwas an «Molitva», mit dem seine Landsmännin Marija Šerifović 2007 den ESC gewann.

Die Männlichen: Parg (Armenien), ADONXS (Tschechien), Go-Jo (Australien), Gabry Ponte (San Marino)

 

Du willst noch mehr schöne Männer? Bitte. San Marino bringt wie üblich zweite Wahl an den Wettbewerb. Der Song «Tutta l’Italia» wurde am diesjährigen Sanremo Festival vor und nach jeder Werbepause gespielt. Er ist von Gabry Ponte, einen DJ und Produzenten, der seit 25 Jahren aktiv ist. Auf seine Kosten geht z. B. der Hit «Blue (Da Ba Dee)» von Eifel 65. Gabry Ponte versprüht Daddy-Vibes, der Song ist dementsprechend eher ein Dad-Joke.

Theo Evan, der für Zypern antritt, singt im Song «Shh» selbst «I am famous for my beauty». Ja, hübsch ist der junge Mann, das Lied leider nicht. Das Gleiche gilt für den Kroaten Marko Bošnjak. In seiner Heimat erhielt er nach seiner Nominierung viele homophobe Hasskommentare. Nun sinnt er nach Rache und hat eine «Poison Cake» gebacken. Danke fürs Kämpfen gegen Homophobie, doch Nein-Danke zum Song. Kyle Alessandro aus Norwegen sieht aus wie ein Ritter von trauriger Gestalt. Leider ist sein Song «Lighter» nicht erhellend. Aserbeidschan ist mit drei Männern am Start, die mit uns rennen wollen. «Run With U» hat ein paar coole Ethno-Elemente im Song, was auch schon das einzig Positive ist, das ich dazu sagen kann. Portugal schickt sogar eine Handvoll gestandene Mannsbilder in die Schweiz. Die Band Napa kommt von der schönen Insel Madeira und macht einen musikalischen Mix aus Bossa Nova und Indi-Rock. Interessant. Ihr Song «Deslocado» ist gut, aber für den Wettbewerb leider ungeeignet.

Ein erwachsener Mann singt über ein Erwachsenenthema: über Krankheit und Vergänglichkeit. Etwas Rares am ESC. Bei der Ehefrau des slowenischen Singer-Songwriters und TV-Moderators Kelemen wurde eine schwere Krankheit diagnostiziert. Obwohl dem Paar und seinen Kindern gesagt wurde, die Krankheit sei unheilbar, hat sie sich erholt und ist heute gesund. Seine Dankbarkeit will er jetzt ganz Europa zeigen: «How much time do we have left together; We never know; All I know is I don’t want to be here; Without your love». Berührend und ehrlich. Diesem sympathischen Mann wäre ein besserer Platz gegönnt als der von den Wettbüros prognostizierte zwanzigste.


Die etwas anderen Männer

Die meisten bereits vorgestellten sind alles Männer, die der Norm der (Hetero-)Mehrheit entsprechen. Zum Glück gibt es auch noch die etwas spezielleren Männer. Wie der oben erwähnte Falsett-Sänger JJ aus Wien oder die hübschen Gays ADONXS und Marko Bošnjak. Auch der Belgier Red Sebastian tanzt aus der Reihe. Er ist queer, hat knallrote Haare und einen Red-Dress. Er machte bei ein paar Castings-Shows mit und nahm bei Gustaph Gesangsunterricht. Gustaph holte 2023 für Belgien den 7. Platz und wurde ein Liebling der LGBT-Community. Red Sebastian nimmt uns mit in den Techno-Club. «Strobe Lights» ist geil und werde ich am Euro-Disco-Tolerdance am 24. Mai im ISC bestimmt spielen!

Die anders Männlichen: Red Sebastian (Belgien), Claude (Niederlanden), Lucio Corsi (Italien), Tony Cash (Estland), Kyle Alessandro (Norwegen)

 

Es ist eine Tatsache (Quelle): People of Color (POC) sind am ESC eher selten zu sehen, und wenn doch, werden sie von der Jury besser bewertet als von den Zuschauenden. Rassistisch? Leider ja. Überraschend? Leider nein. In diesem Jahr ist Claude, der für die Niederlande am Wettbewerb antritt, der einzige POC. Als 9-Jähriger flüchtete Claude Kiambe mit seiner Familie aus dem Kongo und fand eine neue Heimat in den Niederlanden. 2020 gewann er eine Gesangs-Show und 2022 hatte er seinen ersten Nr.-1-Hit. Jetzt darf er an den ESC. Sein Song gehört zu den Favoriten. Zurecht. Der Refrain «C’est la la la la vie» mag etwas abgedroschen klingen, doch Claude trägt seinen poppigen French-English-Mix dermassen sympathisch vor, dass man ihn sofort ins Herz schliesst.

Mein absoluter Liebling ist der Toskaner Lucio Corsi. Ein Aussenseiter mit starkem Drang, kreativ zu sein. Er geht seiner Leidenschaft nach, trotz Widerständen, und sieht dabei etwas gespenstisch aus. Schon beim Sanremo Festival habe ich mich in ihn vernarrt. Er wurde dort «nur» Zweiter, aber weil der Sieger im Mai schon verplant war, hat er Lucio Corsi den Vortritt gelassen. Ich finde, Corsis Song «Volevo Essere Un Duro» passt perfekt an den ECS. Nicht weil er ein grosses Brimborium macht, sondern weil er das bringt, was ich von einem guten Eurovisions-Beitrag erwarte: exzellentes Songwriting und einen authentischen Auftritt. Lucio Corsi trägt den Geist von David Bowie in sich und orientiert sich musikalisch an der Rockmusik der 60er und 70er-Jahre. Die Melodie ist wunderschön. In seinem Song setzt er sich mit Männlichkeit auseinander. Er singt, dass er gerne ein harter Kerl wäre, doch er sei ein Niemand, «non sono altro che Lucio». Aller Bescheidenheit zum Trotz, für mich der beste Beitrag in diesem Jahr. 12 Points to Italy!


Milkshake oder Espresso Macchiato?

Blödel-Songs haben am ESC Tradition. Das macht die Show bunt und bringt Spass. Nebst den Schweden, wie am Anfang erwähnt, springen auch Australien und Estland auf den Fun-Train auf. Bei beiden geht es um ein Getränk. Der australische TikTok-Star Jo-Go ist der «Milkshake Man», der gut geschüttelt werden will. Alles ziemlich zweideutig. Seine Show wird überdreht und lasziv werden. Sein Plus: er ist sexy. Das Wort sexy kommt einem bei Tony Cash aus Estland nicht unbedingt als Erstes in den Sinn. Er ist eher Typ Nerd. Doch Nerds sind cool. Auch wenn er in seinem Song «Espresso Macchiato» alle Italo-Klischees durch den Kakao – oder besser Kaffee – zieht und damit die Italiener etwas verärgert, sind seine Ironie und seine Liebe zum besten Heissgetränk Italiens deutlich spürbar. Ich finde es kreativ und lustig.


Weiblichkeit

Am diesjährigen Wettbewerb werden viele unterschiedliche weibliche Facetten zelebriert. Louane aus Frankreich singt über Mutterschaft («Mama»), die Finnin Erika Vikman über selbstbestimme Sexualität («Ich komme») und die fünf lettischen Frauen der Ethno-Gruppe Tautumeitas bilden einen Hexenzirkel («Bur Man Laimi»). Miriana Conte aus Malta hat bestimmt ein paar Dragqueens als Freundinnen. Das hat auf sie abgefärbt. Sie bringt eine persiflierte Weiblichkeit auf die Bühne – «she’s serving kunt». Over the top, but I like it! Girl-Pop bringt uns das britische Trio Remember Monday mit dem Song «What The Hell Just Happened?», leider eine etwas verhedderte Komposition. Die 24-jährige Emmy aus Finnland, die für Irland an den Start geht, trällert über eine «Hundsverlochete» auf dem Mond («Laika Party»), herzig, aber nicht mehr.

Justyna Steczkowska, die Schamanin der polnischen Musikszene, war bereits 1995 am ESC. Sie wurde damals nur Achtzehnte. Dreissig Jahre später, mit neunzehn Alben im Werkverzeichnis und mit ungefähr dreitausend absolvierten Konzerten, ist sie um viele Erfahrungen reicher. Sie will es nochmals versuchen am ESC. Dazu beschwört sie die griechische Göttin «Gaja», die personifizierte Mutter Erde. Es wird episch, mit wilden Drums, einer hysterischen Violine und langen Tönen – in die Luft geht sie auch noch! Ob ihr der göttliche Beistand helfen wird, besser als beim ersten Versuch abzuschneiden, ist trotzdem zu bezweifeln.

Die Weiblichen: Zoë Më (Schweiz), Klavdia (Griechenland), Remember Monday (Grossbritanniene), Justyna Steczkowska (Polen), Melody (Spanien), Miriana Conte (Malta)

 

Noch seltener als People of Color sind an der Eurovision Brillenträgerinnen. Die Nana-Mouskouri-Gedenk-Brille trägt in diesem Jahr die Griechin Klavdia. Ihr Song «Asteromáta» ist klassischer ESC-Ethno-Pop, inzwischen ein etwas überholtes Genre. Nana Mouskouri, die berühmteste Brillenträgerin der Welt, nahm 1963 selbst am «Concours Eurovision de la chanson» teil für Luxemburg, und wurde Achte. Klavdia wird das nicht toppen können. Apropos Luxemburg: Das Land macht nach 31 Jahren Pause seit letztem Jahr wieder mit beim Wettbewerb. Luxemburg hat ihn bereits fünfmal gewonnen. Ihr berühmtester Siegessong ist aus dem Jahr 1965, «Poupée de cire, poupée de son» von France Gall. 60 Jahre später bringt Luxemburg nun eine Hommage an diesen Kult-Song. «La poupée monte le son» von Laura Thorn reicht leider nicht an das Original heran. Einen 6. Sieg wird Luxemburg damit nicht erreichen können.

Grossartige Stimmen haben Nina Žižić aus Montenegro und Yuval Raphael aus Israel. Eine interessante Stimme kann einen durchschnittlichen Song durchaus aufwerten. Doch trotz guter gesanglicher Leistung, kann Nina Žižić ihren Song «Dobrodošli» nicht aus der Langeweile retten. Yuval Raphael singt «New Day Will Rise» auf Englisch, Französisch und Hebräisch, doch es wirkt aufgesetzt und etwas propagandistisch. Ähnlich langweilig sind «Freedom» von Mariam Shengelia (Georgien) und «Hallucination» von Sissal (Dänemark). Sogar ärgerlich finde ich den Song «Esa Diva» von Melody, die für Spanien antritt. Da wurde alles zusammengeklaut, was ESC-Pop in den letzten Jahren zu bieten hatte. Ich vermute, der Song wurde von einer KI geschrieben.


Die Schweiz und ihre Nachbarn

Endlich schickt die Schweiz wieder einen weiblichen Act an den Wettbewerb. Für den Song «Voyage» von Zoë Më müssen wir uns nicht schämen. Das ist ein sorgfältig komponierter und produzierter Song – Swiss Quality. Doch ein Siegersong ist es nicht. Das dürfte den Eurovisionsverantwortlichen in der Schweiz vermutlich ganz recht sein. Ganz anders die Deutschen. Die würden gerne mal wieder den Wettbewerb gewinnen und holten deshalb Stefan Raab zurück, der 2010 mit der von ihm ausgewählten Sängerin Lena den ESC gewann. Mir scheint, Stefan Raab hat sein Mojo verloren. Tynna, die Sängerin, und ihr Bruder Abor, der Cellist, haben einen Song, der ballert und auf Deutsch gesungen wird. Elektro trifft auf Klassik. Cool ist «Baller» schon, doch – sorry, liebe Nachbarn – kein Siegersong. Da haben unsere anderen Nachbarn, Frankreich, Österreich und Italien, eindeutig die besseren Chancen.


Wer steigt in den Olymp auf?

Wenn ich die Wettbewerbsbeiträge überblicke, kristallisiert sich für mich kein klarer Siegersong heraus. Himmlisches und höllisches ist dabei und viel irdischer Durchschnitt. Die Quoten in den Wettbüros und Fan-Polls zeigen zudem sehr unterschiedliche Resultate. Das Rennen ist also offen, wer in den Olymp der Eurovision Sieger kommt. Die Punkteverteilung am Finale am 17. Mai wird spannend werden. Ich sage es alle Jahre wieder: Es wird sich erst entscheiden, wenn alle Acts auf der ESC-Bühne gelaufen sind. Vorarbeit – also ein gutes Video, Auftritte an Fan-Festivals, Pressearbeit und Präsenz auf den sozialen Medien – ist zwar wichtig, aber erst der Live-Auftritt wird zeigen, ob der Song und die Person, die ihn vorträgt, die Menschen berührt, sie zum Wählen bringt oder eben nicht. Meine 12 Punkte werden höchstwahrscheinlich an Lucio Corsi gehen, dieses gespenstische Wesen aus der Zwischenwelt hat mein Herz erobert. Doch auch ich warte erst mal die Show ab und lasse mich gerne überraschen.

Welche Songs gefallen dir? Wer ist dein Favorit? Was findest du besonders grässlich? Schreib uns deine Meinung zu den ESC-Songs 2025 in die Kommentare unten.


Alle 37 Song im Schnelldurchlauf


QUEER*ESC

In all’ den Jahren nahmen viele queere Menschen am Eurovision Song Contest teil. Früher noch heimlich anderssexuelle oder andersgeschlechtlich, doch seit dem Sieg von Dana International mit «Diva» im Jahr 1998, machen sie am Wettbewerb mit, ohne sich zu verstecken. Allerding trat schon ein Jahr zuvor der erste offen schwuler Mann an: Paul Oskar aus Island. Zu früh? Oder einfach ein schlechter Song? Platz 20 erreicht er damals. Der erste, der über Homosexualität sang, war Jean-Claude Pascal aus Frankreich mit seinem Chanson über verbotenen Liebe «Nous les amoureux». Damals wusste jedoch nur der Sänger selbst, dass es um schwule Liebe geht, das Publikum verstand der Wink mit dem Zaunpfahl nicht. Trotdem gewann er damit 1961 den ESC. Weiter queere Hightlights am ESC waren der Sieg von Conchita Wurst 2014, Ducan Laurences Sieg 2019 mit «Arcade» und natürlich Nemos Sieg 2024.

Hier DJ Ludwig Playlist mit den besten queeren Acts aus der ESC-Geschichte:

 

Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.