RAMON NOVARRO – Schwul im Hollywood der 20er-Jahre

Der erste schwule Filmstar wurde brutal ermordet.

Als die Filme noch stumm waren, hiess einer der berühmtesten Filmstars Ramon Novarro. Der schöne Mexikaner war damals der Liebling der Kinobesucherinnen. Doch heimlich liebte er Männer, war deshalb unglücklich und dem Alkohol verfallen. Was ihn unsterblich machte war aber nicht sein gutes Aussehen oder seine Schauspielkunst, sondern sein brutaler Tod — er wurde 1963 von zwei Strichern ermordet.

1916. Der 17jährige Ramon Novarro flieht mit seiner Famille wegen der Revolution in Mexico nach Los Angeles. Dort sucht er den Erfolg als Filmschauspieler, aber vorerst muss er als Tänzer und singender Kellner sein Geld verdienen. Seine Cousine Dolores del Rio, damals eine bekannte Schauspielerin in Hollywood, vermittelt ihm seine ersten kleinen Rollen. So war er in Rudolph Valentinos berühmter Tangoszene aus The Four Horsemen of the Apocalypse (1921) zu sehen. Rudolph Valentino ist zu dieser Zeit ein Superstar und Sexsymbol. Das wollte Ramon auch erreichen. Während den Dreharbeiten wurde sie zu Freunden und Rudolph – bekannt für seinen extravaganten Geschmack – schenkte Roman einen Art Deco-Dildo. Ein Jahr später gelingt Novarro der Durchbruch an Seite der Schauspielerin Alice Terry in einem Film von deren Ehemann Rex Ingram. Das Paar fördert das junge Talent und baut ihn als Rivalen von Rudolph Valentino auf. Aber erst der frühe Tod Valentinos im Jahr 1926 macht Ramon den Weg an die Spitze frei.

Es ist die Hauptrolle im Kassenschlager «Ben Hur» (1925), die Ramon Novarro zum neuen Sexsymbol macht. Nun gehört er zur 1. Liga der Schauspieler in Hollywood und er geniesst denn Erfolg. Doch die Ära der Stummfilme geht zu Ende, der Film beginnt zu sprechen. Eine neue Herausforderung für Ramon, der einen starken spanischen Akzent hat. In seinem ersten Tonfilm («The Pagan», 1929), der in der Südsee spielt, muss er deshalb wenig reden, dafür viel singen und vor allem seinen schönen Körper zeigen. Der gutaussehende Latin Lover ist der Liebling der Kinobesucherinnen. Von den Kritikern wird er allerdings nicht ernst genommen, er sei fast zu hübsch, meinen sie.

SCHWUL IN HOLLYWOOD DER 20ER JAHRE

Der Frauenschwarm selbst schwärmt für Männer. Um seine Homosexualität zu vertuschen will das Filmstudio, dass Ramon Novarro eine «Lavender-Mariage» eingeht, also eine Scheinheirat zwischen einer Lesbe, einem Schwulen oder Bisexuellen. Er verweigert sich. Eigentlich sind die 20er-Jahre für Schwule nicht übel, aber weil Novarro ein so bekannter Filmstar ist, sind seine Probleme grösser als bei anderen Homosexuellen. Ramon kann nicht einfach in ein Gay-Bar gehen oder am Hollywood Boulevard jemanden aufreissen — man hätte ihn sofort erkannt. Wollte er doch an eine Gay-Party, brauchte er eine weibliche Begleitung, meistens ist dies seine beste Freundin Alice Terry. Sie spielt oft die Alibi-Freundin bei Schwulen, vielleicht zu oft. Wenn ein männlicher Star in ihrer Begleitung gesehen wird, verdächtigen ihn die Klatschtanten schnell der Homosexualität.

Etwas Liebesglück ist Ramon Novarro doch vergönnt. Viele Jahre ist er mit seinem Publizisten dem Journalist Herbert Howe zusammen. Mit dem bekannten Abenteurer und Reiseautor Richard Halliburton, der ebenfalls seine Homosexualität verstecken muss, verbindet ihn eine Freundschaft. Ramon leidet unter dem Versteckspiel und verfällt dem Alkohol. Der Star verursacht einige Autounfälle im betrunkenen Zustand, was zu schlechter Presse und Imageverlust führt. Seine Sucht wirkt sich zudem nachteilig auf sein Aussehen aus. Bald hatte sein Arbeitgeber, das Filmstudio Metro-Goldwyn-Mayer (MGM), das Drama satt. Als 1935 der Vertrag, der ihm sein Einkommen sicherte, ausläuft, wird er nicht mehr verlängert.

Die grossen Rollenangebote bleiben danach aus. Bis in die 60er Jahr hat er aber immer wieder kleinere Rollen im Kino und Fernsehen. Aber hauptsächlich verdient er sein Geld als Makler von Hollywood-Villen. Im Oktober 1968 bestellt er sich zwei Callboys nach Hause, Paul und Tom Ferguson. Das Brüderpaar glaubt, dass er in seinem Haus viel Geld aufbewahrt und sie schlagen ihn brutal, damit er das Versteck verrät. Doch da ist kein Haufen von Bargeld in seinem Haus versteckt. Mit ein paar wenigen Dollars, die sie in Ramons Bademantel finden, hauen die beiden ab und der 69-jährige Ex-Filmstar erstickt an seinem eigenen Blut.

Ein letztes Mal kommt Ramon Novarro in die Schlagzeilen. Der Mord ist ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Zeitungen. Sie berichten, dass ihn sein Sekretär am nächsten Morgen fand. Voller Blut lag er nackt auf dem Boden seines Schlafzimmers, in seinem Mund steckte der Art Deco-Dildo, das Geschenk seines ehemaligen Rivalen und Freund Rudolph Valentino. Die Mörder werden gefasst und kommen ins Gefängnis. Ramon Novarro hingegen ging einfach vergessen. Nur wenige halten das Andenken an den schönen Schauspieler aufrecht, den ersten Schwulen im Filmbusiness der seine Sexualität verstecken musste und dessen Leben tragisch endet. Ein Schicksal, das leider noch viele weiter schwule Schauspieler ertragen mussten, wie zum Beispiel James Dean, Sal Mineo oder Rock Hudson.

Ramon Novarro nimmt ein Bad

 

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