DJ Coreys Musiktipps
für den März

Pet Shop Boys, Chaka Khan, Angel-Ho, The Japanese House, Broods, Betty Who, Sigrid, Emmanuel Moire, Mahmood, Ladytron, Fiji

In der Kürze liegt die Würze: Vier neue Songs für die Pet Shop Boys. Frischzellenkur: Die 80’s-R&B-Diva Chaka Khan ist im Hier und Jetzt angekommen. Queer-Art-Pop aus Südafrika: Angel-Ho bringt Gender, Rasse und Clubsound unter einen Hut. Queer-Pop-Electronica: Amber Bain von The Japanese House sinniert über Lieben und Entlieben. Pop-Shopping: die neuen Alben des Geschwisterduos Broods aus Neuseeland, der australischen LGBTI-Kween Betty Who und der norwegischen Pop-Prinzessin Sigrid. French Pop aus schwuler Perspektive: Emmanuel Moire trägt zum fünften Mal sein Herz auf der Zunge. Urbaner Italo-Pop mit Potential: Mahmood ist der Sieger des 69. Festivals von San Remo. Last but not least: Die Rückkehr der Elektro-Clash-Überlebende: Ladytron aus Liverpool und Fiji aus Bern bringen sich mit ihren neuen tollen Alben wieder ins Gespräch.


 PET SHOP BOYS

Agenda-EP (x2 Recordings Ltd.)

2019 feiert das britische Pop-Duo um Neil Tennant und Chris Lowe das 38. Jahr in der Bandgeschichte. Für April ist eine Blu-Ray der Inner Sanctum Konzerte geplant, für Herbst das neue Album. Aber zuerst gibt es mit „Agenda“ eine EP mit vier Songs, die Appetit auf mehr machen. Auf «Agenda» besinnen sich die Pet Shop Boys auf ihre Stärken. Sie beziehen zum politischen Zeitgeschehen Stellung, kombinieren ihre bissigen Texte mit tanzbaren Synth-Pop- und Disco-Rhythmen und werden am Schluss noch nachdenklich. Der erste Track «Give Stupidity A Chance» ist eine leichte Ohrfeige an die Adresse der Trump-Administration. Auf «On Social Media» rechnet das Duo mit Influencern, Hasstiraden und allen Süchtigen nach digitaler Aufmerksamkeit ab. In «What Are We Doing About The Rich» plädieren die Pet Shop Boys für eine stärkere Besteuerung der Superreichen. Und in der traurigen Ballade «The Forgotten Child» geht es um ein verschwundenes Flüchtlingskind, das offenbar im Mittelmeer ertrunken ist.


CHAKA KHAN

Hello Happiness (Diary Records/Island Records)

Mit “Hello Happiness” bricht die Königin des 80s-Funks ein beinahe 12-jähriges Schweigen. Die letzten Jahre hat sich Chaka Khan einer Entziehungskur unterzogen, um ihre Abhängigkeit vom Schmerzmittel Fentanyl bewältigen zu können, die ihrem besten Freund Prince zum Verhängnis wurde. Heute sind Zigaretten ihre einzige Droge. Dank einem Team von jüngeren Produzenten, David “Switch” Taylor, Ex-Major Lazer und Sarah Ruba, überträgt die R&B-Diva ihre 80s-Funk-Vibes in die Gegenwart. Gemessen an ihrer goldenen Zeit, wird «Hello Happiness» zwar nur eine Fussnote in ihrem illustren Backkatalog erobern. Dafür hat Chaka Khans aussergewöhnliche Vokal-Akrobatik kaum an Ausstrahlung eingebüsst. Chaka Khan hat wieder Freude am Leben und Spass an der Musik gefunden. Das ist allen sieben neuen Songs anzuhören und man mag es ihr echt gönnen.


ANGEL-HO

Death Becomes Her (Hypedub)

Die in Kapstadt geborene Transgender Künstlerin Angel-Ho ist Mitgründerin des Kollektivs Non Worldwide, das sich die Durchbrechung von heteronormativen Strukturen und die Ermöglichung sexueller Selbstbestimmung zum Ziel gesetzt hat. Auf ihrem ersten Studio-Album «Death Becomes Her», das auf die Debüt-EP «Emancipation» folgt, verschmilzt Angel-Ho ihre Hauptanliegen Gender, Rasse und Mode mit Club-Sounds und globalem Pop-Mainstream. Sie lässt ihre Identitäten als Trans-Mensch, Südafrikaner/in und Weltbürger/in in ihre Songs genauso einfliessen, wie ihre Liebe zu südafrikanischem House, Pop im Stil von Lady Gaga oder Grace Jones und Neunziger-R’n’B.


JAPANESE HOUSE

Good At Falling (Dirty Hit)

The Japanese House ist das Soloprojekt der 21-jährigen englischen Singer/Songwriterin Amber Bain aus London. In ihrer Heimat landete Amber Bain auf der Longlist der BBC-Umfrage «Sound of 2017» und füllte bereits Konzerthallen. Bisher hat sie zwischen 2015 und 2017 vier EPs herausgebracht. «Good At Falling» ist ihr Debütalbum, das auf dem gleichen Label der stark gehypten Band «The 1975» erscheint und von ihr selber zusammen mit BJ Burton und George Daniel produziert wurde. Amber Bain bringt das Kunststück fertig, verschachtelte Melodien mit Dream Pop und Folk-Electronica zu füllen. Ihre Songs, die Anfang und Ende ihrer Beziehung mit der Singer/Songwriterin Marika Hackman thematisieren, klingen wie eine spannende Kreuzung zwischen Bon Iver und The Carpenters.


BROODS

Don’t Feed The Pop Monsters (Atlantic/Warner Music Group)

Das Elektro-Pop-Duo Broods besteht aus den neuseeländischen Geschwistern Georgia und Caleb Nott. Mit ihrem Debüt “Evergreen” haben sie in ihrer Heimat die Spitze der Albumcharts erklommen. Mit dem Nachfolger «Conscious» von 2016 scheiterten Broods zwar an der Eroberung der Rest der Welt, konnten sich aber in die Herzen vieler Elektro- und Synthie-Pop-Fans spielen, die gerne mal auch Lorde und Chvurches hören. Mit «Don’t Feed The Pop Monsters» hieven Broods ihren Elektro-Pop auf die nächste Stufe. Bunter, üppig produziert und energiegeladen. Es ist sicher kein Zufall, dass sie im Vorprogramm von Taylor Swift spielen durften.


BETTY WHO

Betty (Betty Who /Rough Trade)

In Australien ist die inzwischen in Los Angeles stationierte Betty Who eine ziemlich erfolgreiche Pop-Sängerin. Betty Who steht für geschmackvollen Pop zwischen Katy Perry, Pink und Britney Spears. Ihr Song «All Things» dürfte den meisten als Titelmelodie der Netflix-Serie «Queer Eye» bekannt sein. Betty Who setzt sich nicht nur für LGBT-Rechte ein, sondern spricht die Themen Sexualität und Erotik in ihren Songs sehr offen an. Betty Whos Feel-Good-Pop-Songs mit dezenten elektronischen und lasziven R&B-Momenten werden bestimmt alle Regenbogen-Herzen erobern.


SIGRID

Sucker Punch

Die 22-jährige Sigrid ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Skandinavien in Sachen Pop häufig die Nase vorne hat. 2017 haben die Musik-Experten der BBC Sigrid an die Spitze ihres Pop-Orakels gesetzt. Zu Recht, wie ihre mitreissenden Hits «Don’t Kill My Vibe» und «Strangers» haben belegen können. Das Debütalbum «Sucker Punch» sprudelt nur so vor lauter Ideen und Euphorie. Es enthält 12 Ohrwürmer in Power-Pop-Gewand, die zwischen Lorde, Robyn und Taylor Swift anzusiedeln sind. Alles modern produziert, aber mit Ecken und Kanten und mit grossen Refrains. Mit dem balladesken Schlusslicht «Dynamite» kommt Sigrid der Grösse einer Adele gefährlich nahe.

 

EMMANUEL MOIRE

Odyssée (Mercury)

Mit seinem fünften Album «Odyssée» stimmt der französische Sänger einen neuen Abschnitt seiner beachtlichen Karriere an. Ohne die Anmassung, sich mit dem Helden aus der griechischen Mythologie zu vergleichen, singt Emmanuel Moire über die Personen und Erfahrungen, die ihn zu dem Menschen gemacht haben, der er heute ist. Zum ersten Mal hat er sämtliche Songtexte selber verfasst. Nur «Des Mots A Offrir» stammt aus der berühmten Feder von Jean-Jacques Goldman. «La Promesse», den Emmanuel Moire am diesjährigen französischen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest vorgestellt hat, ist seine persönliche Hymne für Selbstakzeptanz und Toleranz. «La Femme Au Milieu» ist seiner verstorbenen Grossmutter gewidmet. Grundsätzlich bleibt Emmanuel Moire seinen poppigen Chansons treu, ist aber auch offen für Neues, wie die elektronischen Spielereien auf «Qui tu es» zeigen.


MAHMOOD

Gioventù bruciata (Universal)

Mahmood hat das diesjährige Sanremo-Festival gewonnen und wird Italien am nächsten Eurovision Song Contest vertreten. «Gioventù bruciata» ist der italienische Titel des berühmten Hollywood-Films «Rebel Without A Cause» mit James Dean, zu Deutsch «Denn sie wissen nicht, was sie tun». Mit dem gleichnamigen Debütalbum spricht Mahmood die dramatischen Ausprägungen des Generationenkonflikts an. Es ist sein Tagebuch aus der Einsamkeit, Verletzlichkeit und Melancholie. Als Sohn einer sardischen Mutter und eines ägyptischen Vaters ist er in der Vorstadt von Mailand geboren und aufgewachsen. Sein Vater hat ihn und seine Mutter um Geld betrogen und schon früh im Stich gelassen. Dieses Familienelend ist das Thema vom Siegersong «Soldi». Musikalisch bietet Mahmood einen coolen Mix aus amerikanischen R&B und Italo-Pop.


LADYTRON

Ladytron (Ladytron Music)

Die Elektro-Pop-Formation Ladytron, die 1999 in Liverpool gegründet worden ist, gilt als Wegbereiterin der Electroclash-Bewegung, die ihren Höhepunkt im Nachtleben der Nullerjahren gehabt hat. Nach längerer Funkstille meldet sich die Band um die kühl-distanzierten Sängerinnen Helen Marnie und Mira Ayoro zurück. Das schlicht «Ladytron» betitelte Album beeindruckt durch atmosphärische Dichte, melodiöse Synthie-Pop-Hymnen und düstere Romantik. Ein wunderbares Werk, das den Ladytron-Klassikern «Gravitiy The Seducer» und «Light And Magic» in nichts nachsteht,


FIJI

Bizarre (Smartship Productions)

Seit 15 Jahren ist die Band Fiji ein wichtiger Begriff in der Berner Elektro-Szene und Clubkultur. Das Duo um den Soundtüftler Simon Schüttel und Sängerin Simone De Lorenzi zelebriert auf «Bizarre» seine bedingungslose Liebe für elektronische Musik. Egal, ob Disco à la Giorgio Moroder, düstere Synthie-Pop-Nummern oder coole Electroclash-Reminiszenzen. Was Fiji auf «Bizarre» anfassen, verwandelt sich in puren Disco-Gold. Simone De Lorenzi brilliert einmal mehr als charismatische, laszive, verführerische und unnahbare Electro-Diva. Sie ist definitiv die Berner Grace Jones.


Sendung hören:

Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
https://queerup.ch/gayradio

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