DJ Coreys Musiktipps
für den Februar 2018

Justin Timberlake, Craig David, Rhye, Len Sander, First Aid Kid, Ezra Furman, Mary Gauthier

Back To Nashville: First Aid Kit kommen ihrem amerikanischen Traum noch ein Stück näher. Weder schwule Porno-Fantasie noch Brokeback-Mountain-Romantik: Mit «Man Of The Woods» will sich Justin Timberlake nur auf seine Tennessee-Wurzeln besinnen. «The Time Is Now»: R&B-Titan Craig David geniesst seinen zweiten Frühling. Bittersüsser Indie-R&B, der keine Geschlechtergrenzen kennt: Rhyes zweites Album «Blood». Len Sander: eine junge Gruppe aus Zürich ruft die Geister von Trip-Hop-Grössen wie Massive Attack und Morcheeba hervor. «Transangelic Exodus»: Der amerikanische Singer-Songwriter Ezra Furman ist das neue Sprachrohr aller Aussenseiter, Freaks und Unangepassten. Musik war ihr grösster Heiler: mit ihrem neuen Projekt hilft die lesbische Singer-Songwriterin Mary Gauthier nun den Kriegsveteranen bei der Wiedereingliederung in die Zivilgesellschaft.


JUSTIN TIMBERLAKE

Man Of The Woods (RCA)

Vor dem Bieber kam der Timberlake. Ein Musterbeispiel für die Wandlung vom Kinderstar (als Mitglied des Mickey Mouse Club) und Teenie-Schwarm (als Front-Mann der Boy-Band N-Sync) zum Pop-Idol. Auf seinem fünften Album fügt JT den erfolgserprobten, futuristischen Sexy-Beats aus dem Hause Timbaland/Neptunes, noch einen Hauch Country und Folk hinzu. Damit besinnt er sich auf seine Tennessee-Wurzeln und holt hierzu das alte Holzfällerhemd aus dem Schrank. Der Mix aus urbanem Pop und traditionellem Südstaaten-Sound vermag nicht auf ganzer Albumlänge zu überzeugen. Aber der Stil und Geschmack von «Midnight Summer’s Jam», «The Hard Stuff», «Higher Higher», «Supplies» und «Say Something» (mit dem neuen Country-König Chris Stapleton) sind schon mehr als die halbe Miete.


CRAIG DAVID

The Time Is Now (Insanity/Sony)

Im Jahr 2000 avancierte der damals 20-jährige putzige, spitzbärtige Craig David mit den Top-Hits «Re-Rewind» und «Fill me in» zum Aushängeschild der UK Garage. Nach den ersten erfolgreichen Alben geriet seine Karriere allerdings langsam ins Stocken bis ihm 2016 mit «Follow My Intuition» ein grandioses Comeback reüssierte. Auf dem Nachfolger «The Time Is Now» geniesst der britische R&B-Sänger seinen zweiten Frühling. Selbstverständlich passt er sich den Moden der Zeit an (Latin-Pop, Reggaeton, Trap, EDM). Die Stile, die ihn geprägt und gross gemacht haben, verleugnet er aber keineswegs («Talk To Me» Teil 1 und 2). Mit «I Know You», der famosen Kollaboration mit der Band Bastille, schafft er sogar den Spagat zwischen Tradition und Moderne.


RHYE

Blood (Caroline International / Loma Vista)

Der kanadischer Jazz-Sänger Michael Milosh und der dänische Sound-Designer und Produzent Robin Hannibal gründeten in Los Angeles das Duo Rhye. Ihr Debüt «Woman» (2013) verzauberte mit samtweichem elektronischem R&B-Soul und exquisiten, reduzierten Arrangements. Über allem schwebte die flüsternde und seufzende Stimme von Michael Milosh, die zeitgleich zerbrechlich und distanziert klang. Eine Stimme, hinter welcher niemand einen Mann vermutet hätte. Zurecht wurde der Vergleich mit der britischen Sängerin Sade bemüht. Auf dem zweiten Album «Blood» ist Robin Hannibal zwar nicht mehr dabei. Aber Michael Milosh kann die Sehnsucht und Finesse des Erstlings auch allein erreichen.


LEN SANDER

The Future Of Lovers (Mouthwatering Records)

Die Zürcher Band um Frontfrau Blanka Inauen machen keinen Hehl aus ihrer Vorliebe für den Sound Of Bristol der früheren 90er-Jahre (Massive Attack, Morcheeba). Die elf neuen Songs auf «The Future Of Lovers», welches ungefähr drei Jahre nach ihrem Debüt «Phantom Ghost» folgt und zwischen Berlin-Neukölln und Zürich-Leimbach entstand, sind unüberhörbar auch von The XX, London Grammar und vom Synthie-Pop der 80er («Woman On The Run») inspiriert. Der geschmeidige, basslastige Sound und Blankas feenhafte, zarte Stimme schaffen ein geheimnisvolles Universum zwischen Electropop und Drama. Wenn Len Sander selber ihre Musik als «Melancholic Space Pop» bezeichnen, liegen sie damit vollkommen richtig.


EZRA FURMAN

Transangelic Exodus (Bella Union)

Der 31-jährige Singer-Songwriter aus Chicago ist seit mindestens zehn Jahren in der alternativen Musikszene tätig. Zunächst war er mit der Band The Harpoons unterwegs, seit 2012 alleine, mit Lippenstift, Perlenkette und Frauenkleidern. Mit «Day of The Dog», seinem zweiten Solo-Album, zog er die Aufmerksamkeit der englischen Musikpresse auf sich. Seine Musik, die Indie-Rock mit Doo-Wop der Fünfziger und Punk-Attitüde mischt, kam im Vereinigten Königreich gut an. Auf „Transangelic Exodus“ verfeinert Ezra Furman seinen musikalischen Diskurs. Er beschreibt sein Album als seine «queer outlaw saga». 13 Songs über Amerika, Demokratie, jüdischen Glauben, Gender, Liebe und Sexualität. 13 Songs gegen die Ausgrenzung von Minderheiten und für Selbstbestimmung.


MARY GAUTHIER

Rifles & Rosary Beads (Thirty Tigers/Alive)

Das neue Album der 55-jährigen amerikanischen Songwriterin ist im Rahmen des gemeinnützigen Hilfsprojekts «SongwritingWith:Soldiers» entstanden, bei dem Songwriter Kriegsveteranen helfen, mit den Dämonen ihrer Vergangenheit umzugehen und ihren Platz in der Gesellschaft wieder zu finden. Mit «Rifles & Rosary Beads» gibt Mary Gauthier den Kriegsheimkehrern eine Stimme. Sie selber war nie im Krieg, musste aber lange gegen ihre Alkoholsucht kämpfen. Songschreiben und Musizieren haben ihr das Leben gerettet. Auf «Rifles & Rosary Beads» verpackt Mary Gauthier nachdenkliche Texte in kitschfreie Countrymusik. Keine leichte Kost, aber eine kostbare Erfahrung.


FIRST AID KIT

Ruins (Sony/Columbia)

Die Stockolmer Schwestern Klara und Johanna Söderberg sind vor elf Jahren auf YouTube entdeckt worden, als sie noch unterhalb des Mündigkeitsalters waren.  Auf ihrem mittlerweile vierten Album nehmen First Aid Kit den Hörer schon wieder auf eine Zeitreise ins Nashville der 60er- und 70er-Jahre, auf den Spuren von Emmylou Harris. First Aid Kit bleiben ihrem melodiösen und nostalgischen Folk-Country-Rock mit dem atemberaubenden Harmoniegesang grösstenteils treu. Produziert hat der Indie-Americana-Guru Tucker Marine (Decemberists) in einem Studio in Portland, als draussen ein Schnneesturm gewütet hat. Weitere Genre-Grössen aus Gruppen wie R.E.M., Wilco und Midlake widmen ihre Talente diesem traditionellen Country-Album. Und iz hörst Du First Aid Kit mit Fireworks.


Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
https://queerup.ch/gayradio

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