DJ Coreys Musiktipps
für den Januar

Jackie Shane, Sharon Jones, Nana Mouskouri, Lawrence Rothman, Camila Cabello, Charli XCX und Miguel

Die letzten beinahe untergangenen Platten, die Du 2017 gehört haben musst und die ersten Überraschungen von 2018. Exklusiv: das Werk der Transgender-Pionierin Jackie Shane wird neu entdeckt. Abschied in Würde: Das letzte Album von Sharon Jones & The Dap-Kings. Mehr als nur eine Schlagersängerin: Weitere Jazzaufnahmen der jüngeren Nana Mouskouri. Ein Album, Zwölf Songs, Neun Alter-Egos: Das musikalische Tagebuch des Lawrence Rothman, der sich als Gender Fluid Songwriter bezeichnet. Kleine grosse Pop-Sensation: die nur 1,57 m kleine Camila Cabello ist der neue globale Superstar. Ein neuer Prinz in der ersten R&B-Liga: Miguel. Kreativer Bubblegum-Pop jenseits der Hitparaden: Charlie XCX zweiter Mixtape.  


JACKIE SHANE

Any Other Way (The Numero Group)

In den 60er Jahren avancierte die in Nashville geborene Jackie Shane in kanadischem Toronto zur einzigen schwarzen Transgender-Soulsängerin, die Schwarze wie Weisse in ihren Bann zog. Sie war die erste Seelenpredigerin, die Genderfragen direkt auf der Bühne ansprach. Notabene in einer Zeit, als Homosexualität noch als Verbrechen galt. 1971 verschwand Jackie Shane von der Bildfläche. Gerüchten zufolge sollte sie in den 90er-Jahren ums Leben gekommen sein. In Wahrheit kehrte sie in ihre Heimat Nashville zurück. Dort wurde sie 2016 vom Produzenten Douglas McGowan ausfindig gemacht. Das Label Numero Group kann heute stolz die erste Jackie-Shane-Kompilation präsentieren, die von der Künstlerin persönlich abgesegnet wurde. Eine Rarität für alle Soul-Liebhaber.

SHARON JONES & THE DAP-KINGS

Soul Of A Woman (Daptone/Groove Attack)

Am 18. November 2016 erlag US-Sängerin Sharon Jones ihrem Krebsleiden. Sie wurde 60 Jahre alt. Sharon Jones schuf erst mit Mitte 40 den Durchbruch, nachdem sie lange Zeit als Background-Sängerin und unter anderem als Gefängniswärterin gearbeitet hatte. Sie hat zum Soul-Revival der letzten zehn, fünfzehn Jahren massgeblich beigetragen. Nicht zuletzt nachdem sie ihre Band The Dap-Kings an eine gewisse Amy Winehouse ausgeliehen hatte. „Soul Of A Woman“ ist ihr musikalisches Vermächtnis. In der ersten Hälfte wird Sharon Jones ihrem Ruf als weiblicher James Brown einmal mehr gerecht. In der zweiten Hälfte fasziniert sie als hervorragende Interpretin wunderbarer Southern-Soul-Balladen. „Soul Of A Woman“ ist das letzte Album einer Frau, deren Stimme stets für soziale Gerechtigkeit und Liebe stand.

NANA MOUSKOURI

Nana (Universal)

Wer glaubte, dass Nana Mouskouris glockenklare Stimme ausschliesslich an den Schlager verlorenging, wurde 1999 mit der Wiederveröffentlichung des 1962 von Quincy Jones produzierten Albums „Nana Mouskouri in New York“ eines Besseren belehrt. Auch auf dem 1965 ebenfalls in New York eingespielten Album „Nana“, das im Spätherbst 2017 wieder veröffentlicht wurde, lebt die griechische Sängerin ihre kreative Ader in vollen Zügen aus. Die meisten jazzig oder leicht folkig angehauchten Lieder, mal rein akustisch, mal üppig orchestriert, verbreiten eine angenehme bittersüsse Melancholie. Bobby Scott, ein engster Mitarbeiter von Quincy Jones, steuerte die grandiosen Arrangements sowie die meistens Songs des Albums bei. Ein damals verkanntes Juwel kann nun ein neues Publikum erreichen.

LAWRENCE ROTHMAN

The Book Of Law (A Downtown/Interscope Records)

David Bowie war einer der ersten Künstler in der Popgeschichte, der sich mit der Erschaffung eines Alter Ego (z. B. Ziggy Stardust, Thin White Duke) immer wieder neu erfand und das Spiel mit den Geschlechtern zu einem wichtigen Bestandteil der Popkultur machte. Der 35-jährige Lawrence Rothman aus Los Angeles schlüpft auf seinem Debütalbum „The Book Of Law“ in neun (!) verschiedene Identitäten, die seine Flexibilität bei der sexuellen Orientierung oder „Genderfluididät“ zum Ausdruck bringen. Je nach Rolle variiert die Stimme des amerikanischen Pop-Dandys zwischen dem Bariton eines Nick Cave und dem Falsett eines Anohni. Emotional und gefühlvoll begleitet sie den Hörer durch 12 Songs, die dem melancholischen Synth-Pop und dem Pop Noir huldigen.

CAMILA CABELLO

Camila (Simco/Epic Records)

Nach Gloria Estefan und Jennifer Lopez schickt sich die kubanisch-US-amerikanische Künstlerin Camila Cabello an, die Latino-Diva der Generation Instagram zu werden. Bekannt wurde die Sängerin als Mitglied der Girlband Fifth Harmony, von der sie sich im Dezember 2016 trennte, um ihr Bedürfnis nach einer Solo-Karriere und mehr Mitspracherecht zu stillen. Der internationale Erfolg ihrer neuen Single „Havana“, der der wenig enthusiastisch aufgenommene „Crying In The Club“ vorausging, scheint ihr zumindest vorläufig recht zu geben. Das schlicht nach ihrem Vornamen betitelte Debüt ist eine ziemlich voraussehbare Angelegenheit. Viel R&B, noch mehr Pop und entspannte Latino-Rhythmen. Und schon fertig ist das Rezept für das perfekte Album eines neuen globalen Superstars.

MIGUEL

War & Leisure (RCA/ Sony Music)

In den letzten Jahren sind aus der amerikanischen R&B-Szene neue Talente in Hülle und Fülle erwachsen, wie z.B. Frank Ocean, Solange, The Weeknd, Blood Orange und SZA. Ihnen hat Miguel sicher den Weg geebnet. Schade nur, dass ihm hierzulande noch zu wenig Beachtung geschenkt wird. Der 32-jährige Los Angelino mit mexikanischen und afrikanischen Wurzeln lässt sich musikalisch schwer einordnen. Sein Spektrum reicht vom Nu-Soul bis zu psychedelisch-verschwurbeltem Freak-Pop und elektronischen Spielereien. Spiritualität und Sex gehen bei ihm stets Hand in Hand. Auf dem vierten Album „War & Leisure“ verleiht Miguel seinem eigenwilligen Sound einen angenehm poppigen Anstrich, der auch seinen Idolen Prince und Michael Jackson gutgestanden wäre.

CHARLI XCX

Pop 2 (Asylum Records)

Seit einigen Jahren mischt die 25-jährige Charli XCX ganz oben im Popzirkus mit. Sie schreibt nicht nur Lieder für sich selbst („Boom Clap“, „Boys“), sondern ist auch als Songwriterin für andere Musiker tätig (z.B. „I Love It“ von Icona Pop). Im letzten Frühling überraschte Charli XCX ihre Fans mit dem Mixtape „Number 1 Angel“, auf das sie Ende Jahr den zweiten Teil „Pop 2“ folgen liess. „Pop 2“ beweist, dass es eine kreative Pop-Welt jenseits der Charts gibt. Charli XCX konnte sich diesmal eine Handvoll verschiedenster Talente aus der ganzen Welt schnappen (Carly Rae Jepsen, Tove Lo, MØ). Unter den Features ist die LGBTI-Fraktion auch bestens vertreten (Mykki Blanco, die brazilianische Drag Queen Pabllo Vittar und der deutsche Transgender Pop-Star Kim Petras).

 

Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im GayRadio auf Radio RaBe
https://queerup.ch/gayradio

 

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