DJ Coreys MusikTipps September 2025

Madonna, Alison Goldfrapp, Renée Rapp, The Aces, The Beaches, Frankie Grande, Morphelancolie, Conan Gray, Dressed Like Boys, Calum Scott, Big Freedia

MADONNAs Reminder an die Club-Kultur der Endneunziger. Auf Kylies Spuren: ALISON GOLDFRAPP. Laut, stolz und lesbisch: RENÉE RAPP. Coole queere Frauen-Bands: THE ACES und THE BEACHES. Das Campy-Pop-Debüt von Ariana Grandes schwulem Bruder FRANKIE. Queerer Act aus der Romandie: MORPHELANCOLIE. CONAN GRAY und DRESSED LIKE BOYS schielen auf zeitlosen Singer-Songwriter-Pop. CALUM SCOTT schwelgt in wohliger Sentimentalität. Das erste inklusive Gospel-Album der Queen of Bounce BIG FREEDIA.


MADONNA

Veronica Electronica (Warner)

1998 lief es bei der Queen Of Pop beruflich und privat super. Im britischen Regisseur Guy Ritchie, den sie im Jahr 2000 heiratete, fand sie die grosse Liebe. Mit ihrem Hit-Album «Ray Of Light» erreichte sie einen kreativen Höhepunkt ihrer Karriere. Weg vom Pop, hin zum Sound der damals florierenden britischen Clubmusikszene zwischen Trip Hop, Big Beat, Jungle und D&B. Dazu gelang ihr ein grandioser Imagewechsel zur spirituellen Ikone mit dunklen Haaren, Henna-Tattoos und wallenden Kleidern. 27 Jahre später bringt Madonna das vergessene Remix-Album «Veronica Electronica» heraus. Dieses historische Dokument zeigt, dass Madonna schon immer ein feines Gespür für grosse Produzenten und Remixer hatte und gewährt einen tiefen Einblick in die Club-Kultur der Endneunziger.


ALISON GOLDFRAPP

Flux (A.G. / Bertus)

Zwischen 1999 und 2017 war Alison Goldfrapp die singende Hälfte des Elektropopduos Goldfrapp, bekannt für seinen spannenden Mix aus Trip-Hop, Electroclash, Retro-Disco und orchestralem Pop. Als Solo-Act zielt die 59-Jährige auch auf ihrem zweiten Album «Flux» deutlich auf die Tanzfläche ab und zeigt den Mittelfinger gegen alle, die sie für zu alt für das Musikgeschäft halten. Ihre melodiösen Elektro-Tracks bettet sie in eine neonfarbene, luftige und pulsierende Klangatmosphäre zwischen Disco, Techno, House und Pop. Alison Goldfrapp wandelt damit auf den Spuren von Kylie Minogue, Robyn und weiteren Dance-Pop-Ikonen. Produziert von den Veteranen Richard X und Stefan Storm, ist «Flux» mehr als nur eine nette Einladung zum Eskapismus.


RENÉE RAPP

Bite Me (Interscope Records)

Die 25-jährige Schauspielerin und Sängerin soll sich 2024 in einem Interview bei jedem Mann bedankt haben, der ihr geholfen hat zu realisieren, dass sie lesbisch ist. Auf ihrem neuen Album «Bite Me» ist von der Angst, Verletzlichkeit und Melancholie aus «Snow Angel» nur ganz wenig übriggeblieben. Renée Rapp spielt ehrlich das selbstbewusste böse Mädchen von nebenan, das möglichst Spass haben will. In ihren eingängigen Pop-, Rock- und R&B-Songs feiert Renée Rapp den Sex und das Partyleben unter Frauen. Auch lässt sie sich nicht von belanglosen Trennungen entmutigen. Mit ihrer unverstellten und direkten Art ist Renée Rapp zu Recht zum neuen Liebling der queeren Community avanciert.


THE ACES

Gold Star Baby (The Aces Music)

THE BEACHES

No Hard Feeling (The Beaches / AWAL)

Coole und queere Frauenbands, die sich an ein queeres Publikum richten, waren früher praktisch inexistent, da die Szene vorwiegend von heterosexuellen Männern dominiert war. Umso schöner, dass es heute mehr queere weibliche Vorbilder für junge Menschen gibt. The Aces, das Frauenquartett um die lesbischen Schwestern Alisa und Cristal Ramirez aus Utah, haben auf ihren bisherigen Alben stets den Mangel an queeren Safe Spaces und die Frömmigkeit in ihrem Heimatstaat beanstandet. Auf «Gold Star Baby» verwandeln The Aces ihre Frustration in queere Indie-Disco-Freude und geniessen die Magie einer Nacht voller Sex und Fun im Club. Auch das kanadische Indie-Rock-Frauen-Quartett The Beaches hat sich auf «No Hard Feelings» vorwiegend einem tanzbaren Indie-Disco-Sound verschrieben. The Beaches schaffen aber noch Platz für einfühlsame und melancholische Klanglandschaften. Z. B. in «Lesbian Of The Year» wird das späte Coming-Out der Gitarristin Leandra Earls thematisiert.


FRANKIE GRANDE

Hotel Rock Bottom (Deluxe) (Casablanca Records)

Das Leben von Ariana Grandes schwuler Bruder Frankie gleicht einer Achterbahnfahrt. Die Ablehnung der katholischen Kirche, Pech in der Liebe, Hasskommentare und seine Suchtprobleme haben ihm viel zu schaffen gemacht. Aber manchmal ist Humor der beste Weg, um die schwierigsten Zeiten zu überwinden. Auf seinem Albumdebüt «Hotel Rock Bottom» hat Frankie Grande seine dunklen Momente in bombastische, gelegentlich kitschige und sehr campy Dance-Pop-Nummern verarbeitet. Aus den Boxen dröhnen meistens Club-Beats aus den 2000er-Jahren, mit welchen Frankie Grande wahrscheinlich sozialisiert wurde. Es gibt auch Kollaborationen mit Ariana Grande, Big Freedia, Felix Jaehn und mit der Drag Queen Salina Es Titties.


MORPHELANCOLIE

Morphelancholie (Benjamin Gayton)

MORPHELANCOLIE ist ein queeres One-Man-Musikprojekt aus der Romandie, das 2012 ins Leben gerufen wurde. Die Bühne betritt MORPHELANCOLIE oft mit Augenmaske, vielen Schminkschichten und ausgefallenen Kostümen. Seine Show an der letzten Pride in Bern war schlicht atemberaubend. Als Autor, Komponist und Interpret nutzt MORPHELANCOLIE Musik als Instrument, um Verletzungen und Hoffnungen zu transportieren, um die eigenen Schwächen als Stärken zu erkennen und dazu zu stehen. Sein Stil, den er Morpho-Pop nennt, ist eine überzeugende Mischung aus französischem Chanson und dunklem Synthie-Indie-Pop im Stil der 80er-Jahre mit einer starken persönlichen Message. Nun sind die vielen Gesichter von MORPHELANCOLIE auf seiner gleichnamigen EP vereint.


CONAN GRAY

Wishbone (Republic Records)

Der US-amerikanische Video-Blogger, Sänger und Singersongwriter Conan Gray gilt als eine der wichtigsten Stimmen der Generation Z. Auf seinem vierten Album «Wishbone» legt er den glitzernden 80s-Pop-Mantel des Vorgängeropus «Found Heaven» ab. Mit Hilfe des Produzenten Daniel «Dan» Nigro (Olivia Rodrigo und Chappell Roan) wechselt er zum akustischen bis orchestralen Singer-Songwriter-Pop der 70er- und 80er-Jahre. Auch die Texte sind sehr persönlich geworden. Wie die Single- und Videotrilogie «This Song», «Vodka Cranberry» und «Caramel» bereits vorweggenommen haben, geht es auf «Wishbone» um die musikalische Vertonung einer kurzen Sommerromanze zwischen zwei jungen Männern. Und in «My World» thematisiert Conan Gray zum ersten Mal seine Anziehung sowohl zu Männern als auch zu Frauen. Das ist offenbar der Lieblingssong von Olivia Rodrigo.


DRESSED LIKE BOYS

Dressed Like Boys

Jelle Denturck ist ein belgischer Musiker, der gewöhnlich als Frontmann der Indie-Garagen-Rock-Band DIRK. auftritt. Mit seinem Solo-Projekt und dem gleichnamigen Solo-Debüt DRESSED LIKE BOYS greift er zum ersten Mal Themen wie die eigene Homosexualität und die Herausforderungen der queeren Community auf und wagt endlich den Schritt zu sanfteren Klängen. Sein zeitloser Singer/Songwriter-Sound erinnert an Legenden wie Elton John, den jungen David Bowie, Nina Simone und an etablierte schwule Künstler wie Perfume Genius oder Sufjan Stevens. DRESSED LIKE BOYS steht für eine intensive Auseinandersetzung mit seiner Identität und Akzeptanz als schwuler Mann, mit seiner Heimat, mit dem Tod seiner Mutter und mit Suchterkrankungen im Bekanntenkreis. Es ist ein sehr berührendes Werk, das eine unglaubliche Atmosphäre voller Intimität und Nostalgie ausstrahlt.


CALUM SCOTT

Avenoir (Capitol Records)

10 Jahre nach seinem Auftritt bei «Britain’s Got Talent» mit einer emotionalen Interpretation von Robyns Hit «Dancing On My Own» legt der 37-jährige britische Sänger sein drittes Album vor. Auf «Avenoir» geht es Calum Scott nicht nur um Musik, sondern um ein intensives Erlebnis, um echte Gefühle, um die Verarbeitung persönlicher Liebesbeziehungen, Abschiede und Neuanfänge. Bei Calum Scotts akustischen Balladen will einfach kein Auge trocken bleiben. Er kann aber auch poppige Nummern wie «Roots» und «At Your Worst» schreiben. Das Album endet mit einer Neuauflage von Whitney Houstons Kultsong „I Wanna Dance With Somebody“ im Duett mit der Originalinterpretin. Ein echter (wenn auch leicht morbider) Gänsehautmoment, der zeigt, dass Calum Scott immer dort ist, wo Emotionen explodieren.


BIG FREEDIA

Pressing Onward (Queen Diva Music)

Die queere New Orleans-Legende und Queen of Bounce Big Freedia kehrt mit ihrem ersten inklusiven Gospelalbum ihrer Karriere zurück. «Pressing Onward», benannt nach der Pressing Onward Baptist Church in ihrer Heimatstadt, verbindet ihre charakteristischen Bounce-Beats mit hymnenafter, zeitloser Gospelmusik. Seit ihrem zehnten Lebensjahr sind Gospel und die Kirche ein wichtiger Bestandteil von Big Freedias Leben. Das Drama, der Chor und die Pfarrerskleidung fand sie schon immer faszinierend. Big Freedia wollte mit ihren Gospel-Songs über Glauben, Resilienz und Hoffnung die queeren Zuhörer*innen ermutigen und trösten. Doch sie erfuhren ausgerechnet für sie eine grössere Bedeutung, in Anbetracht des plötzlichen Tods ihres Partners Devon Hurst im letzten Mai. Mit «Pressing Onward» klammert sich Big Freedia an die heilende Kraft der Musik und findet wieder Halt.


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Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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