
Dienstag, 29. September, 20:30 Uhr
ZOMER – Sommer
Niederland 2014, 89 Min., OV Niederländisch / UT deutsch, Regie: Colette Bothof; Drehbuch: Marjolein Bierens; Mit Sigrid ten Napel, Jade Olieberg, Ella-June Henrard, Daniel Henshall, Madeleine Madden, Ruby Rose
Trailer
ZOMER spielt auf einem gut bekannten Terrain des LGBT-Filmschaffens: die Chronik einer Jugendlichen, worin eine sensible Protagonisten durch die Begegnung mit einer faszinierenden Unbekannten ihre Homosexualität entdeckt und damit ihren gewohnten Alltag heftig durcheinanderbringt. Diese Formel ist bekannt und dient weiterhin vielen Spiel- und Kurzfilmen als Basis. Anne, 16 Jahre alt, verbringt den Sommer gelangweilt mit ihren Kameraden in ihrem kleinen Heimatdorf auf dem Land im Süden von Holland. Wenn in der Mitte des Films die mysteriöse Unbekannt eintrifft, so respektiert ZOMER das erzählerische Schema Anziehung/Ablehnung durch die Gemeinschaft/Streit/Versöhnung ohne grosse Abweichungen und doch birgt der Film einige interessante Überraschungen. Die Offstimme von Anne «Dies bin ich und dies ist meine Geschichte…» mit der ZOMER in einer etwas modischen Art beginnt, stimmt erst etwas achtsam. Sicher die Sonne strahlt und nichts Böses scheint am Horizont zu lauern und doch ist etwas kurz vor dem Explodieren – bildlich in Form des die ganze Region dominierenden Kühlturms des nahe gelegenen AKWs und den immer surrenden Hochspannungsleitungen die den Himmel durchkreuzen. Kein Fukushima im Innern von Anne und doch enthüllt der Film in seinem sanften Licht nach und nach Risse im Betonmantel. Ganz nebenbei, im Hintergrund und unerwartet gedämpft wird eine eigentümliche Gewalt diesen heissen Sommer markieren: eine Marienstatue beginnt Blut zu weinen, eine Familienmutter lässt sich buchstäblich demolieren, eine junge Frau wird gezwungen ihren Vergewaltiger zu heiraten…
Anne schaut im Film zurück auf den Sommer in dem sich alles veränderte. Indem sich Anne für Lena entscheidet wird sie vom natürlichen Mitglied der Dorfgemeinschaft zur Aussenseiterin. Obschon dies für die Entwicklung Annes wichtig ist, ist Zomer kein eigentlicher lesbischer Coming-Out-Film. Die lesbischen Gefühle die Anne erlebt fühlen sich ihr nicht als problematisch an. Der Film fokussiert auf das Erwachsenwerden Annes, das Loslösen aus ihrem behüteten familiären Leben und der Wahl einen eigenständigen Weg zu gehen. Der Film erzählt den Schritt Annes aus der Pubertät ins Erwachsensein und ihre veränderte Wahrnehmung der Umwelt. Durch die subjektive Off-Stimme teilt Anne ihre Gedanken und Emotionen und zieht so die Zuschauer in ihre emotionale Entwicklung mit ein. ZOMER ist in vielem ein Film der Kontraste. Da ist eine immerwährende Spannung zwischen Realismus und Poetik, Schönheit und Hässlichkeit sowohl in Bezug auf die Protagonisten wie auf ihr Verhalten zur Umgebung in der sie sich befinden. Das AKW in Disharmonie mit der idyllischen Landschaft, die Weite gegenüber der intimen Enge der emotionalen Geschehnisse und die Natürlichkeit, mit der Anne ihre lesbischen Gefühle akzeptiert gegenüber der Ablehnung ihrer Umwelt.
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Wir danken Thalia für
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