
Dienstag, 22. Dez., 20:30 Uhr
Mittwoch, 23. Dez. 18:30 Uhr
LIMBO
Dänemark 2014, 80 Min., digital, OV/d, Regie, Drehbuch: Anna Sofie Hartmann, mit: Annika Nuka Mathiassen, Sofia Nolsoe, Laura Gustafsen, Sarai Randzorff, Sabine Madsen
Trailer
Eine 17-jährige Gymnasiastin aus einer dänischen Kleinstadt richtet sich auf die Zeit nach der Schule ein. Dabei fühlt sie sich von der neuen Kunstlehrerin angezogen, die im Unterricht über Männlichkeit und Feminismus diskutieren lässt. Als sie der Lehrerin gesteht, dass sie sich in sie verliebt hat, reagiert die Pädagogin abweisend. Der stille Film über das Erwachsenwerden in der Provinz, der fast durchgängig in öffentlichen Räumen spielt, lässt die Gefühle wie auch die Geschichte in der Schwebe. Mit kunstvollen Ellipsen, die jede Eindeutigkeit vermeiden, reiht sich Einstellung an Einstellung, wobei viel Zeit zum Schauen und Nachsinnen bleibt.
Nakskov ist die grösste Stadt der dänischen Insel Lolland. Einst eine bedeutende Hafenstadt ist sie heute ein Zentrum der dänischen Zuckerindustrie. Eine industriell geprägte Topografie, die insbesondere Jugendlichen wenig mehr als ein paar Kneipen, Sportvereine und eine Schwimmhalle zu bieten hat. Der Film kommt komplett ohne Eltern und Elternhäuser aus – alle Szene spielen, mit einer Ausnahme, in öffentlichen Räumen. Eine Geschichte vom Erwachsenwerden in der Provinz.
Noch ist alles in der Schwebe, worauf der Titel anspielt, aber der Countdown läuft bereits. Die 17-jährige Sara besucht die Abschlussklasse des örtlichen Gymnasiums. Es liegt auf der Hand, dass die Jugendlichen nach der Schule anderswo studieren, arbeiten, leben. Die neue Lehrerin Karen kommt von den Färöern; sie hat auf dem Festland studiert und ist sehr engagiert. Sie lässt die Schüler im Kunstunterricht über Geschlechterrollen und Pornografie diskutieren und leitet auch die Theater-AG der Schule. Sara ist fasziniert von der Lehrerin. Einmal hilft sie ihr beim Streichen der Wohnung: eine erste private Begegnung, dann der noch spielerische Versuch zu flirten. Kurz darauf eröffnet Sara ihrer Lehrerin, dass sie sich verliebt habe, was von Karen schlicht bestritten wird. Sara reagiert auf diese Zurückweisung verstört, zieht sich zurück und schwänzt die Schule. Später begegnen sich Sara und Karen, es kommt zu einem kurzen Austausch, der in ein Blickduell mündet, jedoch filmisch nicht aufgelöst wird. In der Folge wird der Liebesgeschichte die Basis entzogen, womit der Film gewissermassen seine Geschichte verliert, aber trotzdem weitergeht. In der Schwebe bleiben so nicht nur die Gefühle der Figuren, sondern auch das Verhältnis zwischen der Geschichte und ihrem atmosphärischen Hintergrund.
Anna Sofie Hartmann hält die Dinge mit erstaunlicher Konsequenz auf Distanz. Sie setzt auf Ellipsen, vermeidet Eindeutigkeiten, Erklärungen oder dramatische Behauptungen. Dennoch scheint jede Sequenz, Kamerabewegung und Einstellung wohldurchdacht und stets aufs Ganze bezogen.
Der Zuschauer erhält genug Zeit, um sich zu den Bildern und Tönen zu verhalten.
Der Filmemacherin, die selbst aus Nakskov stammt und von dort nach Aarhus und dann nach Berlin geflohen ist, gehe es um Atmosphärisches, das nicht durch Worte und Handlungen zu fixieren sei, sondern allein durch die „Zeit zum Schauen“ erfahrbar werde. Wer sich diese Zeit nimmt, wird mit einem der schönsten Filme des Jahres belohnt. (filmdienst.de)
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