DJ Coreys MusikTipps Oktober 2023

Kylie, Kim Petras, Dorian Electra, Slayyyteer, Chappel Roan, Michael Von Der Heides, LP, Vagabon, Allison Russell, Miki Ratsula

KYLIE hält die Disco-Spannung hoch. Kim Petras überrascht mit verloren geglaubtem Album. Dorian Electra bläst mit einer Fanfare zur Hyperpop-Orgie. Queerer Dance-Pop der Extra-Klasse mit Slayyyteer und Chappel Roan aus den USA. Michael Von Der Heides Kleinod in den Farben der Nacht. Neue Liebeszeilen von Laura Pergolizzi alias LP. Black’n’queer is beautiful: die neuen Alben von Vagabon und Allison Russell. Die neue Gelassenheit von Miki Ratsula.


KYLIE MINOGUE

Tension (BMG)

Sei nicht traurig, dass der Sommer nun endgültig vorbei ist. Denn nach dem Monster-Hit «Padam» doppelt unsere Kylie mit einem weiteren zeitlosen Retro-Dance-Discopop-Album nach. «Mit «Tension» vereint die LGBT-Ally und Lieblingsikone die Generation Z und die Fans der ersten Stunde unter den Blitzleuchten und Strobo-Lichtern des schwulen Club Deines Vertrauens. Trotz den treibenden Beats und amoklaufenden Synthesizers sind die neuen Songs viel persönlicher und verletzlicher, als es beim ersten Hören scheinen mag. Auf «Tension» tanzt Kylie die täglichen Ängste und Sorgen mühelos weg und steht am Schluss als laszive, aber immerhin herzliche Heldin der Tanzfläche wieder auf. Dank dem Camp- und Wohlfühl-Faktor kriegt sie einen zusätzlichen Punkt.


KIM PETRAS

Problématique (Amigo Records)

Die zurzeit bekannteste Transgender-Pop-Künstlerin hat plötzlich ihre Meinung geändert und das ursprünglich verworfene Album «Problématique» doch noch aus der Schublade geholt. «Problématique» hätte nach Kim Petras vierter EP Slut Pop erscheinen sollen, wurde aber von der damaligen Plattenfirma unter Verschluss gehalten, nachdem einige Tracks online geleakt wurden. «Problématique» ist ein reines Pop-Vergnügen mit vielen Referenzen an den R&B-, Disco-Funk und Eurodance von den 80er-Jahren bis heute. Das vergessene Album ist alles andere als eine Jugendsünde und kann mit dem offiziellen Debüt «Feed The Beast» bestimmt mithalten.


DORIAN ELECTRA

Fanfare (Eigenvertrieb)

Auf dem dritten Album «Fanfare» vervollständigt Dorian Electra den Hyper-Pop ihrer früheren Werke «Flamboyant» und «My Agenda». Die sich als nicht binär identifizierende Person seziert Pop, R&B, Metal, Jazz und Klassik und setzt sie wieder zu einer hyperventilierenden State-Of-The-Art-Pop-Orgie zusammen. Auf diesem Sound transportiert Dorian Electra ihre sehr persönlichen Texte, welche die gesellschaftliche Beziehung zwischen Fans, Pop-Kultur und ihren Idolen thematisieren.


SLAYYYTER

Starfucker (Fader)

Die offen bisexuelle Sängerin Catherine Slayer alias Slayyyter kriegt nach ihrem zusammengewürfelten Erstling «Trouble in Paradise» endlich die Kurve. Auf dem überzeugenden «Starfucker» lässt Slayyyter den Eurodance und den kunterbunten Pop(-Trash) der frühen 2000er à la Britney Spears, Paris Hilton, Charlie XCX, etc. wieder aufleben. Das Image des mädchenhaften Popstars ist nun demjenigen der Hollywood-Diva gewichen und passt zu den Albumtexten über den Verlust der Liebe und die Jagd nach Ruhm und Erfolg.


CHAPPEL ROAN

The Rise and Fall of a Midwest Princess (Island Records)

Auf ihrem Debütalbum “The Rise And Fall Of A Midwest Princess” vertont die 25-jährige Chappel Roan ihre eigene Geschichte. Insbesondere wie sie zur Person geworden ist, die sie ist und wie sie gelernt hat, sich von ihrer konservativen Vergangenheit im mittleren Westen der USA zu emanzipieren und nach einem Umzug nach Los Angeles ihre Queerness zu umarmen. Ihre Breitwand-Pop-Songs zeichnen sich durch einen unwiderstehlichen jugendlichen Pop-Appeal, ihre kraftvolle Stimme, ihren Hang zu Drama und eine Prise Humor aus. Soundmässig erinnert Chappel Roan an hochkarätige Acts der 00er-Jahre wie Katy Perry und Lady Gaga, aber auch an den Bubblegum-Pop der Girlgroups der 60er-Jahre und manchmal sogar an Cyndi Lauper.


MICHAEL VON DER HEIDE

Nocturne

Auf seinem elften Album hat Michael von der Heide 14 Songs in Französisch, Englisch, Deutsch oder Mundart eingespielt, die in allen Farben der Nacht von Elektrik-Blau bis Schwarz erstrahlen. Der einstige Au-Pair-Junge aus Amden, der während der Corona-Pandemie zu seinem ersten erlernten Beruf des Krankenpflegers zurückfand, läuft hier zu Hochform auf. Die unerschöpflichen Facetten seines musikalischen Könnens widerspiegeln sich in einem versatilen Repertoire, das von Chanson, Jazz, Cabaret bis zu Pop und House umfasst. Insbesondere erwähnungswert sind die Duette mit House-Legende Eve Gallagher, der treuen Gefährtin Heidi Happy und der welschen Neuentdeckung Jessanna.


LP

Love Lines (BMG)

Zwei Jahre nach «Churches» und sechs Jahre nach dem internationalen Durchbruch mit dem Mega-Hit «Lost On You» meldet sich Laura Pergolizzi alias LP mit «Love Lines» zurück. Der US-amerikanische Star mit der nasalen Stimme und dem faszinierenden Pfeifen definiert sich inzwischen als nicht-binär und bevorzugt die Verwendung des Pronomens «They/Them». «Love Lines» ist zwischen den Kaimaninseln und Palmsprings entstanden, unter Mithilfe der Songwriters Ashton Irwin und Andrew Berkeley Martin und unter der Supervision des Produzenten und Songwriters Matthew Pauling. Auf dem autobiografischen und sehr emotionalen Werk bleibt LP sich und ihrem Vintage-Pop-Rock treu. Anspiel-Tipp: die Power-Ballade «Long Goodbye».


VAGABON

Sorry I Haven’t Called (Nonesuch/Warner)

Laetitia Tamko alias Vagabon verlor 2021 den Produzenten ihrer ersten zwei Alben, der zugleich ihr bester Freund war. Die New Yorker Singersongwriterin mit kamerunischen Wurzeln zog sich sodann in die norddeutsche Provinz zum Trauern zurück. In Schleswig-Holstein schrieb und produzierte die 30-Jährige die Rohfassung ihres dritten Albums “Sorry I Haven’t Called», flankiert von Jakob Hersch und Sadek Martin Massarweh der Hamburger Band Monako. Zurück in New York kümmerte sich Vagabon mit dem Produzenten Rostam um die Endversion der Songs. Trotz der traurigen Hintergrundgeschichte ist «Sorry I Haven’t Called» zu einem spannenden, von House- und Breakbeats getriebenen Album geworden. So klingt heute selbstbewusster Dance-Pop.


ALLISON RUSSELL

The Returner (Concord/Universal)

Bereits auf ihrem Debütalbum “Outside Child” (2021) hat die Kanadierin Allison Russel unter Beweis gestellt, dass sie sich mit Leichtigkeit über geschlechtliche wie musikalische Grenzen hinwegsetzen kann. Allison Russell ist eine herausragende Singer-Songwriterin und Musikerin an der Schnittstelle von Folk, Soul, Blues, Jazz und Pop. Jeder Song auf «The Returner» klingt anders, trägt aber gleichzeitig komplett die Handschrift seiner grandiosen Schöpferin und Interpretin. Allison Russell bringt ein farbenfrohes musikalisches Feuerwerk zustande, das den queeren und People-Of-Colour-Aspekt innerhalb ihres abwechslungsreichen Stils deutlich unterstreicht.


MIKI RATSULA

I’ll be fine if i want to (Miki Ratsula, Nettwerk Music Group Inc.)

Zur Erinnerung: Miki Ratsula ist eine finnisch-amerikanische nicht-binäre Person, die in Südkalifornien lebt und mit ihrem melodischen und intimen Lo-Fi-Pop anderen Menschen an ihrem Leben Anteil nehmen lässt. Auch auf ihrem zweiten Album «i’ll be fine if i want to» benützt Miki Ratsula ihre Stimme, um Musik inklusiver zu machen. Der Albumtitel bezieht sich auf den Song «It’s My Party» von Leslie Gore aus dem Jahr 1963, der in «blue balloons» auch zitiert wird. Miki Ratsula entwickelt den Bedroom Pop ihrer Anfänge mit Indie-Rock-Gitarren und einem elektronischen Unterbau weiter. Mit «i’ll be fine if i want to» ist Miki Ratsula nicht nur als Produzent*in, Musiker*in und Songwriter*in, sondern auch als Mensch gereift, der mit seinen Stärken und Schwächen und mit seiner Trans-Identität klarkommt.


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