Stereotypisierung

Der Blog von Daniel Frey

Vermehrt werden gleichgeschlechtliche Paare auch in der Werbung gezeigt. Und das ist gut so! Dass dies auch schief gehen kann, zeigt die Libero-Werbung, die ein Männerpaar zeigt mit dem Titel «offene Beziehung». Daniel Frey von «hab queer bern» meint, dass dahinter die immer gleichen Stereotypisierungen stecken.

Gleichgeschlechtliche Paare können nun seit ziemlich genau einem Jahr «richtig» heiraten. Entsprechend werden gleichgeschlechtliche Paare vermehrt auch in der Werbung gezeigt. Und das ist doch gut so! Dass dies auch schief gehen kann, zeigt die aktuelle Werbekampagne des Libero-Verkehrsverbundes. Warum wird ausgerechnet beim Sujet mit dem strahlenden Männerpaar das Narrativ «offene Beziehung» gewählt?

Eigentlich steckt doch da die gleiche Stereotypisierung dahinter, wie bei der Begründung, dass Schwule noch immer nicht Blut spenden dürfen: «Schwule sind untreu, haben ständig neue Sexpartner, leben in offenen Beziehungen und stecken sich mit dem HI-Virus an.»

Vor zwei Monaten ist ein langjähriges Mitglied aus unserem Verein ausgetreten. Er könne sich mit der Woke- und Cancel-Culture – «welche leider auch LGBTIQ-Organisationen durchdringt» – nicht mehr identifizieren. Und auch im Zusammenhang mit der Libero-Werbung höre ich schon munkeln, dass da ja «was» dran sei. Dies kann sogar sein! Aber offene Beziehungen können auch heterosexuelle Menschen leben.

Wie wichtig es aber ist, «woke» zu sein, also wachsam für bestimmte gesellschaftliche und soziale Probleme, beweist die «Genderdebatte», die «nicht geführt» werde. Stattdessen würden die «schrillen Forderungen der LGBTIQ-Community bei der Umgestaltung der Gesellschaft zu einer Meinungsdiktatur» gefördert.

Der Vorwurf der «schrillen Forderungen» war auch im «Club» des Schweizer Fernsehens vom 30. Mai immer wieder (gebetsmühlenartig) zu hören. Unter der Leitung von Barbara Lüthi diskutierten – wie in einer Arena – «Befürworter*innen» und «Gegner*innen» (?) über die Sichtbarkeit von trans und nichtbinären Personen. Nach der Sendung schrieb Sascha Rijkeboer als Fazit zur Teilnahme in der Sendung: «Da in diesem künstlichen Raum zu sitzen und all diese gewaltschürende Rhetorik zu hören, in meiner ganzen Existenz angegriffen zu werden, das drehte mir den Magen um.»

Ob es nun um einen «Gender-Tag» an einer Schule, um eine Drag-Märchenstunde, den Genderstern oder die «Klimahysterie» geht, das Schema ist dabei immer gleich: Absurde Sachen aufzählen und darauf vertrauen, dass die Leute das merkwürdig, absurd, gefährlich finden und dann die Freiheitskarte spielen – um letztlich den Staat dafür verantwortlich zu machen.

Dabei wird davon ausgegangen, dass sowohl Moral und Diskriminierung zur persönlichen Meinungsäusserung gehöre – und auch der Staat nicht vorgeben dürfe, was moralisch oder diskriminierend sei. Daher werden Anti-Diskriminierungsgesetze auch als Einschränkung der Meinungsfreiheit – ja sogar als eine «Bevorzugung einer Minderheit» – betrachtet. Oder die Geschlechterdiversität wird als «das Wahnhafte des Zeitgeistes» bezeichnet – ohne allerdings zu erwähnen, dass die Geschlechterdiversität durch die Naturwissenschaft längst bestätigt worden ist. Und auch die Behauptung, dass Kinder durch die Ideologie der Eltern und Lehrpersonen trans gemacht würden, ist völlig irrational.

Dahinter steht nichts anderes als grosse Aufregung, falsche Fakten und nebulöse Angstmacherei. Ist das eine seriöse Debatte?

Daniel Frey

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