DJ Coreys MusikTipps für den Dezember 2022

Mylène Farmer, Christine & The Queens, Billie Bird Lareine, PNAU und Troye Sivan, Patrick Wolf, Luke Evans, Tiziano Ferro und Pablo Alboràn.

Die Rückkehr der Gothic-Pop-Ikone Mylène Farmer. Die Rockoper von Christine & The Queens. Queerer Folk-Pop und R&B aus der Schweiz: Billie Bird und Naomi Lareine. Black queer lives matter: das Disco-House-Album der trans-Künstlerin Honey Dijon. Die Kollaboration des Monats: PNAU und Troye Sivan. Die Überraschung des Monats: die neue Single des queeren Indie-Helden Patrick Wolf. Luke Evans: der singende Schauspieler schlägt zurück. Zwischen Tradition und Moderne: die Balancierübungen von Tiziano Ferro und Pablo Alboràn.


MYLÈNE FARMER

L’Emprise (Stuffed Monkeys)

Auf ihrem 12. Opus «L’Emprise» rechnet die rothaarige Ikone des französischsprachigen Pop mit toxischen Beziehungen, Narzissen und Perversen ab. Ihre geheimnisumwobene Welt zwischen Sakralem und Profanem trifft auf die musikalischen Universen des schwulen Produzenten und Musikers Woodkid, des französischen Elektro-Pop-Duos AaRON, der britischen Prog-Band Archive und des amerikanischen Nineties-Helden Moby. Vor allem auf den sieben mit Woodkid entstandenen Songs, die orchestrale Filmmusik mit düsterem Indie-Pop kombinieren, kann MF ihre fragile und zugleich süsse Stimme entfalten und strahlt die Schönheit eines gotischen Engels aus.


CHRISTINE & THE QUEENS

Redcar Les Adorables Etoiles (Prologue) (Virgin)

Frankreichs Musik-Export Héloïse Letissier oder Christine & The Queens eignet sich schon wieder einer neuen Identität namens Redcar an und fügt sie in einen neuen künstlerischen Kontext ein. Das Album «Redcar Les Adorables Etoiles (Prologue)» ist der Auftakt zu einer modernen Rockoper oder «Poetry Show», die regelrecht nach Bühne und Inszenierung schreit. Redcar stellt Kunst vor Kommerz, die eigene musikalische Vision ist wichtiger, als irgendwelche kommerzielle Erwartungen zu erfüllen. Die androgynen Chansons in der Synthie-Pop-Hülle brauchen diesmal mehrere Anläufe, bevor ihr Zauber zu wirken beginnt. Aber immerhin fallen die bisher veröffentlichten Singles «Je Te Vois Enfin» und «Rien Dire» sowie die Nummer «Looking For Love» in die Kategorie «unmittelbare Klassiker».


BILLIE BIRD

Ton Venin (Mouthwatering Records)

Die Biografie der Folk-Pop-Sängerin aus Lausanne, die eigentlich Elodie Romain heisst, könnte den Stoff für eine mehrstaffelige dramatische Fernsehserie liefern. Billie Bird ist ein Kind aus künstlicher Befruchtung. Wegen bipolarer Störung musste ihre Mutter in eine Klinik interniert werden und wegen eines abwesenden Vaters kam Billie Bird gemeinsam mit ihrer Schwester ins Kinder- und Jugendheim. Die Gitarre, ein Geschenk ihrer Mutter, und das Musikmachen wurden zu ihrem Rettungsanker. Auf der EP «Ton Venin» öffnet Billie Bird ihre Seele und stellt sich ihren Ängsten. Im Titelstück erreicht sie die Immunität gegen toxische Beziehungen. Mit «La Fin Du Monde» vergleicht sie den Tod ihrer Mutter mit dem Weltuntergang. Es ist ihre feine Art, Frieden mit sich selber zu schliessen.


Naomi Lareine

Girl Next Door (Sony)

Die 28-jährige Naomi Lareine war früher Profifussballerin, bevor sie eine Karriere als R&B-Sängerin startete. Nach der famosen Single «In Love With A Gangster», die anfangs Jahr erschienen ist, legt Naomi Lareine die EP «Girl Next Door» vor, die ihrer Nachbarin und Freundin Gina gewidmet ist. Mit ihrer geschmeidigen Stimme zaubert Naomi Lareie sechs R&B-Pop-Perlen hervor, mal verträumt, mal verführerisch, mal tanzbar. Die Zürcherin braucht den Vergleich mit internationalen R&B-Grössen wirklich nicht zu scheuen. Ihr Mentor Stress hält zurecht grosse Stücke auf sie. Von Naomi Lareine werden wir in Zukunft bestimmt noch mehr hören.


HONEY DIJON

Black Girl Magic (Classic Music Company)

Die House-Clubs in New York bis Chicago galten bis zu Beginn der frühen Nullerjahre als Zufluchtsort für queere schwarze Menschen, auch für die schwarze trans Frau Honey Dijon. Aber als rassistische, trans- und homophobe Bewegungen die traute Atmosphäre immer mehr zu stören drohten, flüchtete sie nach Berlin, wo sie zur Heldin der Clubszene wurde. Inzwischen ist eine gewisse Beyoncé auf Honey Dijon aufmerksam geworden und hat sie für zwei Stücke auf ihrem akklamierten Album «Renaissance» angeheuert. Euphorie, House, R&B und Disco prägen auch “Black Magic Girl”. Honey Dijon zelebriert mit vielen Co-Produzent*innen und Gastmusiker*innen schwarze queere Musikgeschichte. Mit Toleranz, Lebensfreude und Gemeinschaftssinn macht sie die Tanzfläche wieder zum sicheren Ort.


PNAU & TROYE SIVAN

You Know What I Need (TMRW Music Pty Ltd)

Vor einem Jahr landete das australische Dance-Music-Trio PNAU mit ihrem Remix von Elton Johns und Dua Lipas “Cold Heart” einen Mega-Hit. PNAU wissen, dass, was die Welt noch vor Ende dieses Jahres unbedingt braucht, schon wieder ein melodiöser Dance-Song ist. Diesmal spannen PNAU mit dem queeren australischen Schätzchen Troye Sivan zusammen. Die im Funk- und Italo-Disco-Gewand daherkommende Nummer «You Know What I Need» ist der queere leichte Sommerhit, auf den wir schon lange gewartet haben. Da brauchen wir uns nicht mehr vor dem Winter zu fürchten.


PATRICK WOLF

Enter The Day (Apport)

Mit seinem Debüt «The Patrick Wolf EP» startete Patrick Wolf vor 20 Jahren seine Karriere. Der queere Multiinstrumentalist kann auf sechs Alben und zahlreiche Singles und EP zurückblicken. Patrick Wolf verrührt nonchalant Folk, elektronische Sounds, Indie-Pop und klassischer Musik zu einem coolen Mix. «Enter the Day», seine erste neue Single seit 10 Jahren, ist ein Appetithäppchen auf die im Frühling 2023 geplante neue EP «The Night Safari». Der neue Song ist eine grandiose Ballade, die von Wolfs Klavierspiel und dunklem Bariton getragen wird. Die Kohlezeichnung eines Sperbers, die seine Mutter vor ihrem Tod gemacht hatte, diente ihm als Inspiration.


LUKE EVANS

A Song For You (BMG)

Gegen singende Schauspieler*innen bestehen nach wie vor Vorbehalte, die auch der 43-jährige Waliser Luke Evans mit seinem neuen Coveralbum «A Song For You» nicht ausräumen können wird. Luke Evans, ein Bild von einem Mann mit einer äusserst wandlungsfähigen Tenorstimme, strotzt nicht nur vor Virilität, sondern er liebt die grossen Gefühle, ein Übermass an Pathos und überbordende Emotionen. Das kann die Zuhörer*innen entweder fesseln oder gänzlich abstossen. In diesem Punkt bin ich befangen. Ich liebe Luke Evans, selbst wenn er die Kitsch-Grenze gerne überschreitet. Zum Beispiel in seiner Coverversion von «Come What May» aus dem Film «Moulin Rouge», wo er im Duett mit seiner Landesgenossin Charlotte Church und mit Unterstützung der Prager Philharmonikern leisere Zwischentöne und leidenschaftliche Gefühlsausbrüche zeigt.


TIZIANO FERRO

Il mondo è nostro (Universal Music Italia)

Vor 20 Jahren überführte Tiziano Ferro amerikanischen Soul, Hip-Hop und R&B in die italienische Musica Leggera und setzte den Meilenstein für seine spannende Erfolgskarriere. Der Sänger ist mittlerweile in seinen Vierzigern angekommen. Er hat seinen Coming-Out schon hinter sich, ist mit einem Mann verheiratet und hat dank einer Leihmutter zwei Kinder bekommen. Auf seinem neuen Album «Il mondo è nostro» ruht sich Tiziano Ferro auf seinen musikalischen und privaten Verdiensten aus. Er pendelt nach wie vor zwischen Tradition und Moderne. Einerseits duettiert er mit seinen Jugendidolen wie Sting, dem Liedermacher Roberto Vecchioni und der Fernsehmoderatorin Ambra Angiolini. Andererseits hält er Schritt mit einer sich wandelnden Italo-Pop-Welt und behält die neusten Musik-Trends im Auge, wie die Kollaboration mit dem erfolgreichen Newcomer thatsup zeigt.


PABLO ALBORAN

La cuarta hoja (Warner Music Spain)

Pablo Alborán ist in Spanien, Portugal und in den lateinamerikanischen Ländern längst ein Superstar. Für seine akustischen, meistens kuschligen Schmuse-Balladen wurde er bislang für zwei Grammys und 17 Latin Grammys nominiert. Vor zwei Jahren hat sich der Pop-Sänger auf Instagram als schwul geoutet und sorgte für eine kleine Sensation. Auf seinem sechsten Studioalbum «La cuarta hoja» bricht Pablo Alboràn zum Teil mit der Tradition und öffnet sich neu den aktuellen Latin-Pop-Tendenzen, indem er mit jüngeren Acts wie der argentinischen Sängerin Marìa Becerra, Spaniens Pop-Schätzchen Ana Mena und Tik-Tok-Star Luca Rizzi kollaboriert.


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Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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