Emily Wells ist wieder da!

Konzert am 25. November im Frauenraum

Emily Wells kommt mit ihrem neuen Album «Regards to the End» nach Bern. Es geht darin um die Aids-Krise und den Klimawandel. Die Musikerin aus New York ist wahrlich vielseitig – sie produziert, komponiert, performt und singt. Und sie ist treu! Bereits zum 5. Mal gibt sie ein Konzert im Frauenraum Reitschule.

Die Amerikanerin Emily Wells ist keine Unbekannte in Bern. 2013 trat sie zum ersten Mal im Frauenraum der Reitschule auf. Und sie kam jedes Mal wieder, wenn sie ein neues Album aufgenommen hat, um es dem geneigten Berner Publikum vorzustellen. Am 25. November 2022 stellt sie uns ihr neuestes Album «Regards to the End» vor. Die ausgebildete Violinistin ist bekannt für ihre komplexen Live-Samplings. Sie schlägt eine Brücke zwischen Pop- und Kammermusik und baut Songs aus bewussten Schichten von Gesang, Synthesizern, Schlagzeug, Klavier, Streich- und Blasinstrumenten und kreiert so unvergleichbare und berührende Lieder.

Die vielseitige Komponistin, Produzentin und Videokünstlerin erforscht auf «Regards to the End» die AIDS-Krise, den Klimawandel und ihre gelebte Erfahrung als queere Musikerin mit vielschichtigen, aber sparsamen Songs, die wie ein Magnet unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Gesang und die Bläser – eine starke Präsenz auf dem neuen Album – stehen im Vordergrund. Das Leben – unhygienisch, schön, hartnäckig, kurz – schwillt mit jeder Note an, die Trommeln fesseln uns an den Puls unserer Herzschläge, verwurzeln und erden uns. Der Körper zieht sich wie ein roter Faden durch die zehn Song des Albums. Der Körper ist ein Tier, eine Zahl, eine Marionette. Der Körper wünscht sich, er würde tanzen, doch er ist angebunden und weiss nicht, wohin er rennen würde, wenn es nicht so wäre. Wells‘ poetische Texte sagen es nie explizit, aber in einer Zeit viraler Pandemien, Klimaveränderungen und einer Vielzahl anderer humanitärer und planetarischer Katastrophen ist es nicht leicht, einen Körper zu bewohnen.

Für das Albumcover wählte Wells ein Bild des Fotografen Alvin Baltrop (1948-2004), der in den 1970er und 1980er-Jahren die Schönheit von Manhattans heruntergekommenen West Side Piers, einem Schwulenrevier, dokumentierte. Das ruhige Foto mit dem Titel «The Piers (exterior with person sunbathing)» (1980) zeigt einen einsamen, auf dem Rücken liegenden Mann auf einem Abschnitt des Piers. Er sieht aus, als würde er träumen. Das Album ist geprägt vom Leben und Wirken von Choreografen und bildenden Künstlern, die mit der AIDS-Krise in Verbindung standen, wie David Wojnarowicz (1954-1992). Er war Künstler, Schriftsteller und leidenschaftlicher AIDS-Aktivist aus dem East Village, der auch kurzzeitig Mitglied einer experimentellen Post-Punk-Band war. Wojnarowicz war selber oft bei den Piers am Cruisen, die Baltrop fotografierte. Bei seinen Wanderungen durch das Schwulenrevier streute er Samen, in der Hoffnung, das Gras wachen würden. «Werfe ein wenig Gras aus und leg dich dann ins Unkraut», sing Wells in der atmosphärischen und sanften Nummer «David’s Got a Problem». Ein einfacher, leiser und doch hoffnungsvoller Akt, angesichts der Vernachlässigung oder gar Verurteilung, die AIDS-Opfer damals erlebten.

In vielerlei Hinsicht unterscheiden sich die AIDS-Krise und die Klimakrise grundlegend, doch haben sie auch etwas gemeinsam. Während dem Lockdown in der COVID-19-Pandemie machte Wells täglich einen Waldspaziergang. Diese Erfahrung reflektiert sie im Song «The Dress Rehearsal». Sie stellte sich vor, dass die Pandemie eine Art Generalprobe für die Schrecken des Klimawandels war, und zeigt die Natur als einen Ort, an dem die Liebe tief verwurzelt ist. «Where nothing is still, love happened here (Wo nichts still ist, hier ist Liebe passiert)», singt Wells kraftvoll. Ihre raumgreifende Stimme schafft Raum für Trauer und Feiern, Wut und Hoffnung und vielleicht auch für Anerkennung. Die Worte «hier ist Liebe passiert» brauchte der schwule Künstler Nayland Blake für ein öffentliches Kunstprojekt, in dem er Kleber in der Stadt verteile – sie verbreitete wie Samen – um das Bewusstsein für AIDS im 21. Jahrhundert zu schärfen, zu einer Zeit, in der viele zu diesem Thema geschwiegen haben. Schweigen ist, wie wir gelernt haben, gleichbedeutend mit dem Tod. «Regards to the End» ist ein Album von radikaler Empathie, das die Kraft von Kunst, Kritik und Fürsorge in den Vordergrund stellt, um uns (musikalisch) zu verbinden.


Emily Wells – LIVE

Freitag, 25. November 2022
20:00 Uhr, Frauenraum Reitschule
Kein Vorverkauf, nur Abendkasse
CHF 30.- (Soli) / CHF 20.- (regulär) / CHF 10.- (reduziert)

www.emilywellsmusic.com

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