Mykki Blanco – punkig, nicht-genderkonform und voller Liebe

Konzert in der Tunhalle

Mykki Blanco ist Poetin, Rapperin, Musikerin, Performancekünstlerin und Aktivistin. Sie wird als Pioniere des Queer-Rap bezeichnet, auch wenn ihr das Lable nicht gefällt. Doch ihre Liebe für die queere Community wird in ihren Liedern deutlich. Am Mittwoch, 9. November gibt sie ein Konzert in Bern.

Mykki Blanco kam 1986 in Orange County, Kalifornien zur Welt. Ihr Mutter arbeitet im Patent- und Markenamt, ihr Vater war IT-Spezialist und wurde später zum Hellseher. Auch in Mykkis Leben werden sich radikale Änderungen im Lebensweg aufzeigen. Schon in der Schule begann sie mit Performancekunst, gründete ein Kollektiv und gewann damit schon als 15-Jährige einen Preis. Bei der Geburt wurde sie dem männlichen Geschlecht zugeordnet. Doch das empfand sie als falsch oder besser als zu wenig. Schon als Teenager erfand sie ihre Kunstfigur Mykki Blanco. Für ein YouTube-Video entwickelte sie daraus ein Musical- und Performance-Kunstwerk. Blancos Name ist inspiriert von Lil’ Kims Alter Ego Kimmy Blanco. Zu ihren Einflüssen zählt sie so diverse Künsterl*innen wie Lil’ Kim, Jean Cocteau, Kathleen Hanna, Lauryn Hill, Rihanna, Marilyn Manson und Yoko Ono. Auch der Riot-Grrl- und der Queercore-Bewegung fühlt sie sich zugehörig.

Vom Teenager zur Türöffnerin

Mit 16 haute sie von zuhause ab. «Ich wollte ein Bohemien sein und es alleine schaffen» erzählt sie lachend in einem Interview. «Ich habe 100 Dollar aus der Brieftasche meiner Mutter geklaut und bin neun Stunden mit dem Bus nach New York City gefahren. Wenn meine Mutter die Geschichte erzählt, sagt sie immer: Ich wünschte nur, du hättest mehr Geld genommen! Ich bin nicht sofort nach Hause gegangen. Ich blieb in New York und bekam schliesslich ein Praktikum bei einer Zeitschrift. Meine Mutter engagierte sogar einen Detektiv! Es war ein grosses Durcheinander!» Das nicht am selben Ort bleiben, scheint Mykki zu gefallen. Sie besuchte die Kunstschule in Chicago, die sie nach zwei Semester jedoch wieder abbrach, in New York City war sie, ebenfalls nur kurz, in der Parsons School of Design. Später lebte sie in London, in der Provinz von Portugal und in Paris. Sie wollte einfach ihr eigenes Ding durchziehen und das dort, wo es ihr grad gefällt. Das hiess erstmal zu dichten, den es sind ihre Texte, die Mykki so einzigartig machen. Blancos Gedichtband «From the Silence of Duchamp to the Noise of Boys» wurde 2011 veröffentlicht. 2012 gab Blanco ihr musikalisches Debüt mit einer EP «Mykki Blanco & the Mutant Angels». Was sie da auf die Welt los liess, war neu, interessant und relevant. Blanco wurde als queeren Pioniere des Hip-Hop bezeichnet. Sie selbst hatte jedoch Schwierigkeiten, sich mit dem Label Gay Rap oder Queer Rap zu identifizieren, hat es aber widerwillig akzeptiert. Blancos Debütalbum «Mykki» (2016) erhielt viel Presse und Anerkennung. Jetzt wollten auch viele andere Musiker*innen mit ihr zusammenarbeiten. Mykki Blanco ist eine Türöffnerin, doch sie gibt sich bescheiden: «Ich möchte nie die Verantwortung für die Kreativität anderer übernehmen, aber zu wissen, dass es Türen gab, die verschlossen waren, die ich mit aufgestossen habe, und jetzt profitieren andere davon, ist ein cooles Gefühl».

 

Mykki Blanco bezeichnete sich lange selber als non-binär und hat im Laufe ihrer Karriere verschiedene Geschlechtspronomen verwendet. Doch seit 2019 identifiziert sich Blanco als Transgender und verwendet sie oder they als Pronomen. Ein noch viel mutigeres Outing machte sie bereits 2015. Über ihre Facebook-Seite gab sie bekannt, dass sie HIV-positiv ist. Blanco befürchtete zunächst, dass es ihrer Karriere schaden könnte, doch «ich habe es für mich selbst getan. Ab einem bestimmten Punkt muss mein wirkliches Leben wichtiger sein als die Karriere. Ich dachte, als ich das publik machte, sei das das Ende», sagt sie. «Mykki Blanco macht Spass. Über HIV zu sprechen, macht keinen Spass. Wie könnte ich Spass haben und HIV haben?» Doch sie erhielt eine Flut von positiven Reaktionen und viel Unterstützung, so dass sie sich entschloss, ihre künstlerische Tätigkeit fortzusetzen. Und es gab ihr neuer Schub.

Das zweite Kapitel 

2021 erschien ihr zweites Album «Brokken Hearts and Beauty Sleep», dass viel zugänglicher ist, auch kommerzieller, ekstatische, optimistische und vor allem grossartig! Für Blanco ist es das zweite Kapitel ihrer Karriere. «Ich hatte diese Offenbarung, bei der mir klar wurde, dass ich zu viel Wert auf meine Live-Shows gelegt habe. Aber habe ich je ein Projekt produziert, bei dem von Anfang bis Ende jemand sagen würde: ‹Gott, ich liebe dieses ganze Album›? Wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, muss ich sagen, dass ich das noch getan habe». Bis jetzt! Den Corona-Lockdown hat sie dazu benutzt gleich ein weiters Album zu produzieren: «Stay Close To Music». Es ist vielseitig und verbindet mühelos Elemente aus Pop, Indie-Rock und sogar Country-Musik mit Blancos charakteristischen Rap- und Trap-Beats. In Blancos Songwriting liegt eine Zärtlichkeit, die ihr ganzes Album durchdringt. Ihre Liebe für die queere Community wird in ihren Geschichten deutlich, sei es in Texten, die einen neuen Liebhaber, einen lieben Freund oder eine alte Flamme beschreiben. Eigentlich hat sie dieses Album schon vor «Brokken Hearts and Beauty Sleep» geschrieben, doch sie fand, die Zeit ist noch nicht reif dafür. «Ich glaube an göttliches Timing, und ich glaube, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt für die Veröffentlichung ist».

Mykki in Bern

Mit ihren neuen Songs ist Mykki Blanco nun auf grosser Konzerttournee um die ganze Welt. Wir dürfen uns freuen, dass diese Pionierin, Aktivisten und grossartige Musikerin auch Halt in Bern macht. Zu verdanken haben wir das dem Filmfestival Queersicht und den Veranstalter*innen der Konzertserie Bee-flat in der Turnhalle vom Progr. Der Vorverkauf auf petzi.ch wird empfohlen.


Quellen: Wikipedia, The Guardian, Musikexpress

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