«De noche los gatos son pardos» von Valentin Merz

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Eine Crew dreht in Frankreich auf dem Land einen erotischen Kostümfilm, als der Regisseur plötzlich verschwindet. Während die Polizei ermittelt, gehen die Dreharbeiten weiter, werden aber immer skurriler. Der schwule Regisseur Valentin Merz hat sein eigenes Leben fiktionalisieren und es aufregender und ergreifender gemacht.

Ziemlich verrückt, was der schwule Zürcher Valentin Merz da auf die Leinwand bringt. Ein Film wie eine Matroschka­-Puppe. Es gibt mehrere Hauptfiguren und die Geschichte jeder Figur führt zur nächsten mit ihrem eigenen Subgenre: Erotikfilm, Zombiefilm, Krimi oder Magischer Realismus. Die Charaktere suchen alle nach etwas – und anstatt es zu finden, verirren sie sich. «De noche los gatos son pardos» ist ein sinnlich-cineatisches Feuerwerk, das mit seiner humorvollen Unbeschwertheit überrascht.

Valentin Merz ©Andera Film

Der Arbeitstitel des Films war «Filme befreien den Kopf», ein Zitat von Rainer Werner Fassbinder. Dieses Gefühl wollte Valentin Merz den Zuschauer*innen vermitteln. «Ich wollte einen Film über die grossen Themen in meinem Leben machen: Filme, Liebe, Sex und Tod» erzählt der Regisseur. «Ich wollte mir so viel Freiheit wie möglich nehmen. Ich wollte mit Immersion und Improvisation arbeiten und mich während dem Dreh überraschen lassen. Zu Beginn der Dreharbeiten hatte ich mehrere Szenen in Kapitel eingeteilt und wusste, was die wichtigsten Handlungsstränge sein würden, es gab aber kein Drehbuch: Die Geschichte kristallisierte sich während des Drehens heraus, sodass die genaue Handlung auch für mich erst dann entstand.»

Das ist dabei herausgekommen: Eine Film-Crew dreht in Frankreich auf dem Land einen erotischen Kostümfilm. Über Nacht verschwindet Valentin, der Regisseur, spurlos. Während die Polizei ermittelt, gehen die Dreharbeiten weiter, werden aber immer skurriler. Robin, der Kameramann und Geliebte des Regisseurs, folgt einem Versprechen. Er lässt die Dreharbeiten hinter sich und bricht zum mexikanischen Pazifik auf.

«De noche los gatos son pardos» würde man im Deutschen mit «In der Nacht sind alle Katzen grau» übersetzen. Doch der Film ist alles andere als grau. Er ist knallig bunt wie ein psychedelischer Tripp – und sehr divers ist er auch. Der Film bringt Protagonist*innen unterschiedlicher Herkunft zusammen: Bauern aus dem Limousin in Frankreich, Asylbewerber aus Mauretanien, Schauspieler*innen aus der Welt der ethischen Pornografie, klassisch ausgebildete Film­ und Theaterschauspieler*innen sowie Muxhes aus dem Istmo de Tehuantepec in Oaxaca, Mexiko. Der Regisseur im Film – den Valentin Merz gleich selbst spielt – hat viele Gemeinsamkeiten mit ihm. «Ich wollte mein eigenes Leben fiktionalisieren und es aufregender und ergreifender machen. Im Film habe ich mehrere Affären und meine Liebhaber kämpfen leidenschaftlich um mich. Ich stelle mir auch meinen eigenen Tod mit einer romantischen Beerdigung vor. Ich wollte, dass Valentin eine zweideutige Figur ist, die engelsgleich wirkt, aber auch seine Position als Regisseur ausnutzt.»

Gemeinsam mit den Darsteller*innen und der Crew wollte er das Genre der Metafiktion lustvoll erkunden, in welchem die Grenzen zwischen der fiktiven Erzählung und dem Making­Of verschwimmen. «Neben dem spielerischen Umgang mit Fiktion und Narration habe ich versucht, die klassische Trennung zwischen den Darsteller*innen hinter und dem Team vor der Kamera aufzuheben. Ich wollte einen Film machen, der seiner selbst bewusst ist, als ob er sagen würde: ‹Ich bin ein Film, ich bin konstruiert und durchdacht›. Ich mag es in Filmen daran erinnert zu werden, dass man dabei ist, einen Film zu schauen und man doch gleichzeitig von einer Geschichte mitgerissen wird.»

In «De noche…» geht es auch um die Bedeutung der Sexualität im Leben der meisten Menschen. Der Regisseur zeigt das liebevoll und mit Humor. Dieser Ansatz hat es den Protagonist*innen ermöglicht, ihren Fantasien und Sehnsüchten Raum zu geben. Obwohl es Valentin Merz Absicht war, dass der Film von Leichtigkeit und Freude getragen wird, sind der Regisseur und sein Liebhaber am Ende tot. Die vielen Bilder von Leichen, Zombies, Tieren, Menschen, evozieren die Gefahr und Gewalt, denen Leben ausgesetzt sind, die nicht der Norm entsprechen. Wenn «in der Nacht alle Katzen grau sind», macht das alle gleich. Eine Darstellerinnen im Film sagt, dass sie die Nacht bevorzugt, wenn die Leute nicht wirklich erkennen können, wer man ist und man wirklich die Person sein kann, die man sein will. Valentin Merz meint: «Ich habe auch das Gefühl, dass wir nachts oft eher bereit sind, gesellschaftliche Konventionen zu überschreiten, und somit mehr wir selbst sind.»

Wagst du den Tripp in die Welt von Valentin Merz? Ab dem 13. Oktober läuft der Film in den Deutschschweizer Kinos.


«De noche los gatos son pardos»

CH 2022
Originalfassung Französisch, Englisch, Schweizerdeutsch, Spanisch, Deutsch
Regie: Valentin Merz
Dartellter*innen: Adrian Merz, Alain Labrune, Andoni de la,Cruz, Bishop Black, Candida Sanchez, Céline Carridroit, Daniel Binggeli u. v. m.
Produktion:  Andrea Film
Produzenten*innen: Marie Lanne­Chesnot, Valentin Merz
Kamera: Robin Mognetti
Schnitt: Andreea Vescan

 

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