«Mein Leben ist ein Highlight»

Hermann Kocher zu Gast bei Sasha Hug

Sasha Hug ist neu im Vorstand von hab queer bern. Er möchte dort die Kommunikation über «Social Media» ausbauen und den Anteil Junger in diesem «Altherrenverein» erhöhen. Hermann Kocher, einer dieser «Altherren», hat den 22-jährigen Koch in Burgdorf besucht.

Der Weg zu Sashas Wohnung führt durch die Türe eines stattlichen, altehrwürdigen Hauses oben in Burgdorf. Durch einen Gang gelangt man in einen Innenhof, von dem etliche Treppen zu den Wohnungen hinaufführen. Nicht gerade altersgerecht, aber für einen knapp 22-jährigen Mann wie Sasha durchaus zu bewältigen. Er fühle sich wohl in seiner «herzigen kleinen Wohnung», meint Sasha zur Begrüssung. Zunächst führt er mich auf den Balkon an der Rückseite des Hauses, von dem aus man einen weiten Blick über die Burgdorfer Unterstadt geniessen kann. Wer von dort hinaufschaut, kann an jenem Balkon eine Fahne erspähen, die nach wie vor für die «Ehe für alle» wirbt, wenn auch auf «Romantsch». Fahnen in anderen Sprachen seien damals nicht mehr zu beziehen gewesen. Sasha überrascht mich mit der Aussage, er finde die Ehe eine schöne Form der Verbindung von Menschen. Seine Eltern sind ihm ein Vorbild darin, wie sie ihre Ehe gestalteten. Er kann sich vorstellen, einmal selber im Kreise der Familie und von Freunden eine solche Zeremonie zu feiern.

Zurück im Wohnzimmer fallen Fotos seiner Familie auf, die an der Wand hängen. Seine Herkunftsfamilie, zu der auch eine Schwester gehört, ist Sasha wichtig. Die ersten Lebensjahre verbrachte er, damals als Mädchen wahrgenommen, im Glarnerland. Danach folgte ein Umzug in die Region des Bodensees, wo er auch eine Lehre als Koch absolvierte. Da Sasha sich für eine Stelle in Bern beworben und diese Stadt ihm schon immer gefallen hatte, zog es ihn in Richtung Bundesstadt. Hier lebt auch seine Partnerin. Als sich die Aussicht auf die Berner Stelle zerschlug, nahm er eine Stelle als Koch in einem Burgdorfer Restaurant an. In Kürze wird er allerdings als Koch und stellvertretender Leiter in das Restaurant eines Grossverteilers wechseln, was ihm bessere Arbeitsbedingungen und mehr Freiraum für seine Engagements bringen wird. Mehr Zeit wird dann wohl auch für seine Hobbies bleiben. Er ist aktiver, begeisterter und guter Luftgewehr- und früher auch Armbrust-Schütze. Er zeichnet gerne und ist Sammler: von Rubik-Würfeln über Legos bis hin zu DVDs bzw. allem, was mit Spielkonsolen zu tun hat.

Was zaubert er als Koch gerne auf den Tisch und wie sieht es mit seinen kulinarischen Vorlieben aus? Selber isst Sasha wenig Fleisch, und wenn, dann möglichst aus der Region. Er bezeichnet sich als grossen Weinliebhaber, auch Whisky verachtet er nicht, und ohne Kaffee kann er nicht leben. Er kocht gerne Hausmannskost wie Älplermagronen, aber auch asiatisch, zum Beispiel eine Ramen-Suppe und ein Thai-Curry. Wen würde er einladen, wenn er eine illustre Gruppe bewirten dürfte? Amy Winehouse, deren Musik und Persönlichkeit ihn nach wie vor beeindruckt, Mahatma Gandhi, dazu ein paar enge Freunde. Und warum nicht auch Adolf Hitler, den er mal fragen möchte, wie er zu seinen wahnhaften Ideen gekommen sei. Eine wahrhaft spannende Runde!

Wie ein Duracell-Häsli

Selber beschreibt Sasha sich als «bunten Hund»: Zuhause sei er manchmal hyperaktiv wie ein Duracell-Häsli, bei der Arbeit dann aber der besonnene Berufsmann. Auf die Frage nach seiner Geschlechts­identität und sexuellen Orientierung charakterisiert er sich mit Begriffen wie «trans-maskulin», «non-binär» oder «pansexuell». Dass er heute in aller Regel als Mann akzeptiert und wahrgenommen wird (wenn auch fälschlicherweise öfter als schwuler Mann), erfüllt ihn mit Befriedigung. Eigentlich habe er zwei Outings erlebt: Mit 12/13 Jahren zum Zeitpunkt, als er seiner Mutter eröffnete, er werde nie einen Mann als Partner nachhause bringen. Als ihn seine ihn unterstützende Mutter bei dieser Gelegenheit fragte, ob er sich in seinem weiblichen Körper wohl fühle, überforderte ihn diese Bemerkung. Sie stellt aber rückblickend eine Brücke zu seinem Outing als Transmann dar, das in die Zeit nach seiner Lehre fällt. Da Sasha schon immer eher als androgyn gelesen wurde, warf der nun folgende Prozess glücklicherweise keine allzu grossen Wellen. Anfeindungen hat Sasha lediglich von einem Chef erfahren, der sich weigerte, ihn mit seinem neuen männlichen Namen anzusprechen. Sasha, der auch in diesen Aspekten seines Lebens offen, reif und überlegt kommuniziert, weiss schwierige Situationen mit seiner Schlagfertigkeit abzumildern. Fragen wie «warum trans?» oder «warum non-binär?» kontert er mit der Erklärung: «Ich habe dazu ein Probeabo gebucht und vergessen, es zu kündigen». Solche Fragen seien etwa «gleich doof» wie jene, warum jemand eine Brille trage.

Etwas bewegen

Und nun wurde Sasha also kürzlich an der Mitglieder­versammlung von hab queer bern in den Vorstand gewählt. Sasha meint zu seiner Motivation, als junger Mann hier mitzuwirken, Organisationen wie die «Milchjugend» in Zürich hätten genügend Leute. Er möchte in Bern etwas bewegen. Zuständig sieht er sich vor allem für den Ausbau der Kommunikation über «Social Media» und für die Erhöhung des Anteils Junger in diesem «Altherrenverein». Als seine grösste Kompetenz für die Ausübung dieses Amtes sieht er seinen starken Willen, seine schnelle Auffassungsgabe und die Bereitschaft, etwas zu lernen statt immer schon alles zu können. Wichtig sind ihm dabei Sichtbarkeit von LGBTIQ-Menschen gegen aussen und eine grössere Toleranz innerhalb der queeren Community selber.

Zum Schluss konfrontiere ich Sasha noch mit der Frage nach Highlights und Tiefschlägen in seinem jungen Leben. Tiefschläge gebe es eigentlich keine – und sein ganzes Leben empfinde er als Highlight. Wie könnte ein Film, in dem sein bisheriges Leben dargestellt wird, heissen? Hier zögert nun Sasha lange, meint aber schliesslich, ein Titel wie «Mein Leben als Highlight» könnte durchaus passen.

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