DJ Coreys MusikTipps für den April 2022

Orville Peck, Cody Belew, Isak Danielson, Placebo, Charli XCX, Rosalia, Syd, Omar Apollo, Miki Ratsula und Kae Tempest

Die grossen und kleinen Aushängeschilder des Queer-Country: Orville Peck und Cody Belew. Der Drama-Pop aus Schweden hat einen neuen König: Isak Danielson. Placebo: Die Queer-Helden des Emo-Glam-Rock sind zurück. Charli XCX crasht wieder in ihre schnelllebige Pop-Welt. Rosalia revolutioniert den globalen Latin-Pop. Die queeren R&B-Alben von Syd und Omar Apollo. Dream-Pop aus Kalifornien mit Miki Ratsula. Kae Tempest mixt schön Poesie und Electro-Pop.


ORVILLE PECK

Bronco (Columbia Records/Sony)

Auf seinem ersten Album für ein Major-Label versteckt der mysteriöse Orville Peck sein Gesicht nach wie vor hinter einer gefransten Maske. Dafür entblösst er einmal mehr seine Seele und lässt uns an seinem Liebeskummer und seiner Verletzlichkeit teilhaben. Der Country-Star hat seine queere Identität und seine Leidenschaft für Retro-Country zu einer Selbstverständlichkeit erklärt und zu seinem Markenzeichen gemacht. Auf «Bronco» liess sich Orville Peck von Country-Rock, psychedelischen Klängen der 60er und 70er Jahre, orchestralem Pop und Bluegrass inspirieren. Mit Schmelz, Power und süssem Schmerz bewegt sich Orville Peck stilsicher durch traurige Balladen für einsame Cowboys und flotte Rodeo-Nummern für widerspenstige Wildpferde.


CODY BELEW

Cody Belew (Visionary Entertainment)

Der offen schwule Cody Belew stammt aus Arkansas und hat sich im Jahr 2011 in Nashville niedergelassen, um sich den Traum einer Musikkarriere zu erfüllen. Trotz einer Teilnahme an der amerikanischen Ausgabe von The Voice ist der grosse Erfolg allerdings bis heute ausgeblieben. Schade. Denn mit seiner neuen nach ihm benannten EP hat sich Cody Belew zu einem begnadeten und sensiblen Country-Sänger entwickelt, der sowohl zärtliche Folk-Balladen als auch schnelle Country-Nummern und erdigen Southern Blues beherrscht. Allein sein Cover von Dolly Partons Hit «Here you come again» wird die Herzen aller Country-Fans bestimmt erwärmen.


ISAK DANIELSON

King Of A Tragedy (IOD Entertainment(

Der schwedische Sänger Isak Danielson vertont auf «King Of A Tragedy» seine Beziehung zu Verletzlichkeit, Sexualität und Männlichkeit. Auf dem Coverbild und in seinen Videos verzaubert er mit schwuler Ästhetik. Der 25-jährige Künstler startete vor zehn Jahren seine Karriere bei X-Factor Sweden, wo er den dritten Platz belegte. Nach diversen EPs und Alben ist «King Of A Tragedy» sein persönlichstes und bestes Werk geworden. Seine bisher unausgegorenen dramatischen Klavier- und Gitarrenballaden haben endlich den erwünschten Perfektionsgrad erreicht.  


PLACEBO

Never Let Me Go (BMG)

1997 schlugen Placebo mit Federboa und Kajal-Stift wie eine Bombe in der Musikwelt ein. Mit “Nancy Boy” landeten sie ihren ersten grossen Hit. Der Song handelt von einem effeminierten Jungen, der Sex mit Männern hat. David Bowie liebte die Nummer und heuerte Placebo auf Anhieb als Support-Act für seine damals laufende Tournee an. Heute sind Placebo zum Duo mit wechselndem Drummer geschrumpft. Der bisexuelle Sänger und Gitarrist Brian Molko und der schwule Bassist Stefan Olsdal halten auf «Never Let Me Go» unbeirrt an ihrem alternativen Emo-Goth-Glam-Rock fest. Es ist eine reine Freude, zu hören, wie Brian Molko mit metallisch-nasaler Stimme über sexuelle Fluidität, Identität, Drogen und Politik sinniert.


CHARLI XCX

Crash (Warner Music UK)

Die britisch-amerikanische Sängerin, Songwriterin und Produzentin Charlotte Emma Aitchison alias Charli XCX ist eine Pionierin des selbstbestimmten und feministischen Hyper-Pop. Mit ihrem fünften Album «Crash» bricht Charli XCX nicht nur mit ihrer Plattenfirma, sondern sie lehnt sich auch gegen die Regeln des Mainstream-Pop und gegen gängige Rollenbilder auf. Charli XCX zerlegt den Plastic-Dance-Pop der 80er, 90er und 00er Jahre in seine Einzelteile und überträgt ihn in einen retrofuturistischen, hyperventilierenden Kontext. Wie immer kollaboriert Charli XCX gerne mit queeren Künstler*innen. Diesmal erwiesen ihr Chistine & The Queens und Rina Sawayama die Ehre.


ROSALIA

Motomami (Sony)

Auf ihrem akklamierten Album «El mal querer» von 2018 wurde die Spanierin Rosalia als grosse Flamenco-Innovatorin gepriesen und avancierte in ihrer Heimat, Südamerika und in den USA zum Superstar. Auf dem Nachfolger «Motomami» knöpft sich Rosalia sämtliche Musikstile Lateinamerikas vor und modernisiert u.a. Bachata, Salsa und Reggaeton mit elektronischer Raffinesse. «Motomami» ist Rosalias Liebesbrief an die Musik, mit welcher sie aufgewachsen ist und auch an ihre Mutter, die Motorrad fuhr und ihrer Tochter eine selbstbestimmte und emanzipatorische Haltung beibrachte.


OMAR APOLLO

Ivory (Omar Apollo / Warner Records)

Omar Apollo ist ein 25-jähriger, US-amerikanischer Sänger und Songwriter mit mexikanischen Wurzeln, der mühelos Bedroom Pop mit Neo-Soul und funkigen Gitarren-Riffs kombiniert und zwischen Englisch und Spanisch switcht. Auf seinem Major-Debüt «Ivory» dreht sich alles um psychedelischen Funk, R&B, Identitätsfragen und das musikalische Erbe von Mexiko. Über seine sexuelle Orientierung hält sich Omar Apollo zwar immer noch bedeckt. Seine Texte, Plattencovers, Pressebilder und Videos nehmen aber definitiv eine queere Haltung ein. Die Single «Invincible» gemeinsam mit Soul- und R&B-Sänger Daniel Caesar ist das schönste Beispiel dafür.


SYD

Broken Hearts Club (Syd Solo /Columbia)

Die 29-jährige Sydney Loren Bennett alias Syd war früher zuerst als Teil des Hip-Hop-Kollektivs Odd Future und dann als Frontfrau der Neo-Funk-Band The Internet tätig, bevor sie sich für eine Solo-Karriere entschied. Auf ihrem zweiten Solo-Album «Broken Hearts Club» verarbeitet die queere Afroamerikanerin das Ende einer Beziehung und ihre persönliche Situation während der Pandemie. Für das Album kriegte Syd moralische und professionelle Unterstützung von ihrer R&B-Kolleg*innen Kehlani, Mamii, Smino und Lucky Daye.


MIKI RATSULA

I Owe It To Myself (Nettwerk)

Miki Ratsula ist eine nicht-binäre Person mit finnischen Eltern, die inzwischen in Südkalifornien lebt. Auf ihrem Debüt «I Owe It To Myself» setzt sich Miki Ratsula mit dem Coming Out, den eigenen Verunsicherungen, Ängsten aber auch mit Krankheit und Alltagsfragen auseinander.  Die dreizehn entspannten akustischen Gitarrensongs sind von der kalifornischen Sonne durchflutet und changieren zwischen Dream- und Modern-Pop.


KAE TEMPEST

The Line Is A Curve (Virgin/Universal)

Kae Tempests Stärke ist die Verwendung der Sprache in ihren verschiedenen Disziplinen, von Poetry Slam, Rap bis zu Lyrik, Literatur und Theater. «The Line Is A Curve» ist Kae Tempests erstes Album nach dem Coming-out als trans/nicht-binär. Es handelt sich dabei um eine poetische Auseinandersetzung mit sich selbst, mit dem Veränderungsprozess, der zur Befreiung von Scham, Angst und Isolation geführt hat. Diese Öffnung erreicht «The Line Is A Curve» auch auf musikalischer Ebene. Produzent Dan Carey unterlegt Kaes Texte mit elektronischen Beats, Synth-Pop-, Trip-Hop- und Hip-Hop-Elementen. Eine Reihe von Gästen sorgt für Vielseitigkeit, darunter Kevin Abstract vom Hip-Hop-Kollektiv Brockhampton, Grian Chatten von der irischen Post-Punk-Band Fontaines D.C. und die britische Folk- und Soulsängerin Lianne La Havas.


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Playlist


Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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