Božo Vrećo – Seelenheiler und Herzensöffner

bee-flat-Konzert am 27. April in der Turnhalle Progr

Ein halbmythologisches, zweigeschlechtliches Wesen, das mit seinem Gesang zu Tränen rührt, Hoffnung weckt und Liebe gibt. An seinem Konzert in Bern will Božo Vrećo nicht weniger als sein Publikum musikalisch umarmen und ein spirituelles Erlebnis schaffen.

Dass ein bärtiger, geschminkter Mann in wallenden Kleidern aus Bosnien-Herzegowina, der schwermütige Liebeslieder singt und die Grenzen zwischen Geschlechtern, Religionen und Kulturen aufweicht, es in seiner Heimat alles andere als leicht hat, muss wohl nicht besonders betont werden. Dennoch ist Božo Vrećo dort mittlerweile eine Ikone. Seine hart erkämpfte Freiheit bedeutet auch Freiheit für andere, wie der Sänger betont. Musikalisch hat er sich dem Sevdah verschrieben, diesen melancholischen Liebesliedern, die in seiner Heimat zum Volkskulturgut gehören und auch ‚bosnischer Blues’ genannt wird. Mit seinem unbändigen Tenor singt er alte, neue sowie eigene Sevdah-Lieder.

Sevdalinka, oder auch einfach Sevdah, ist eine traditionelle Musik mit Liebeslyrik aus Bosnien und Herzegowina, die auf das 16. Jahrhundert zurückgeht. Es sind Lieder voller Melancholie mit osmanischen, slawischen und sephardischen Einflüssen. Sie werden meistens von Frauen gesungen und sind so traditionell, dass es bisher niemand wagte, etwas an ihr zu ändern. Bis Božo Vrećo kam.

Božo Vrećo wurde 1983 in Foča geboren, einer kleinen Stadt am Fluss Drina in der gebirgigen Region im Osten von Bosnien-Herzegowina. Kaum 5 Jahre auf der Welt, starb sein Vater. Mit seiner Mutter und seinen zwei Schwestern wuchs er in einem Frauenhaushalt auf. Seine Mutter, eine Künstlerin, ermutigte ihn zu malen und zu musizieren. Doch als effeminierter Junge hatte er es in der Kleinstadt nicht leicht. Er zog nach Belgrad, studierte Archäologie, erforschte seine sexuelle und geschlechtliche Identität und entdeckte den Sevdah. Er wird seine Mission und das einzige Ziel. Božo reist nach Sarajevo, dem Zentrum von Sevdah, wo er es schafft, nur mit seiner unglaublichen Stimme die Herzen vieler Menschen zu erobern. Auch die von anderen Musikern. Mit ihnen gründete er in Sarajevo die Band Halka und sie veröffentlichten zwei Alben. Danach konzentrierte Božo seine Energie auf seine Solokarriere. 2014 entstand sein erstes Album «Moj sevdah» (Mein Svedah). Darauf war auch das Lied «Lejlija», das seiner Mutter gewidmet ist, und das zu einem überwältigenden Erfolg wurde. Mit seiner völlig neue Liebeslyrik und seiner exzentrischen Darbietung dieser Lieder, drückte er der Sevdah-Musik seinen eigenen Stempel auf. Kurz vor Beginn der Pandemie veröffentlichte er sein sechstes Album «Lacrimae» (Tränen), das in Zusammenarbeit mit dem bekannten Lautenspieler Edin Karamazov entstanden ist. Während der Pandemie und Isolation ruhte sich Božo Vrećo nicht aus. Er schrieb sein erstes Buch. «Mila» ist eine Kombination von Prosa und poetischen Tagebuchaufzeichnungen übers Erwachsenwerden, über seine Mutter Mila, seine Familie, Sevda und Kunst. Es lehrt uns, wie man lieben und frei sein kann.

«Der Künstler mit der Engelsstimme, der die Seele heilt und das Herz öffnet»
New York Times

Jetzt ist für Božo die Zeit gekommen, auf die Bühne zurückzukehren. Denn die Kraft seines Sevdah – ob a-cappella oder mit musikalischer Begleitung – entfaltet sich nur live zu voller Blühte. Dabei zieht einen nicht nur seine engelsgleiche Stimme in den Bann, sondern auch seine Erscheinung. Das Visuelle ist Božo wichtig. Er setzt auf flatternde Seidenkleider, die er für seine Transformation auf der Bühne braucht, in denen er sich im Kreis drehen kann wie ein Derwisch. Auf der Bühne fühlt er sich wie halbmythologisches Wesen. Das Geheimisvolle des Pan, die Stärke des Zentaurus, der Mut des Minotaurus und die Weiblichkeit der Amazone kommen in ihm zusammen. «Alles Negative wird zerstört, nur die Liebe wird akzeptiert». Vor dem Konzert fühlt sich Božo wie ein Kind, das ein Spielzeug geschenkt bekommt. «Ich fliege einfach hinaus, als würde mich eine unsichtbare Kraft auf die Bühne tragen, so beflügelt, göttlich», erzählte er tportal.hr. «Ich denke, dass die Menschen bei meinen Konzerten die Transformation ihrer selbst und die innere Harmonisierung des Wesens erfahren. Wenn Sie die Antwort darauf finden, wer Sie sind und was sie vom Leben wollen, habe ich mein Ziel erreicht. Mir ist sehr wichtig, dass es etwas Mythologisches, etwas Spirituelles gibt, etwas, das man bei anderen Konzerten nicht erlebt.» Nach seinem Auftritt sucht Bozo die Nähe zu seinem Publikum. «Ich möchte umarmt werden, und dass man mir intime Geschichten ins Ohr flüstert. Weil ich wie Pandora bin, bleiben die Geheimnis bei mir verschlossen. Ich bin ein Sammler, ein Sammler von Seelen und ihren Gefühlsessenzen, all der wertvollen Dinge, die mir anvertraut werden.»

«Ich wollte nie, dass mich jemand für weniger wertvoll hält, weil ich sowohl eine starke Frau, einen starken Mann als auch ein Kind in mir habe.»
Božo Vrećo

Božo Vrećo ist ein Mann und eine Frau. Diese Dualität zeigt sich in allen Segmenten seiner Schöpfungen, sei es der Gesang, das Malen oder das Schreiben. Trug er zu Beginn seiner Karriere noch Herrenanzüge, beschloss er, bald als das aufzutreten, was er für sein wahres Selbst hält. Er ist der Überzeugung, dass eine Person, die mutige Lieder singt, ihrem Publikum nichts als Ehrlichkeit präsentieren sollte. Er trägt sein dunkles Haar lang, seine Augen hat er mit Kajal umrandet, und er kleidet sich in Kaftane, wallende Kleider oder ausladende Mäntel. Doch er ist gleichzeitig auch ein bärtiger Mann. Als Drag-Performer will er sich jedoch nicht verstanden wissen. Božo sieht sich als Erneuerin eines traditionellen Frauengenres und will so den Platz der Frauen in der bosnischen Gesellschaft verteidigen, indem er ihre Lieder singt. Seine Auftritte sind in der patriarchalischen Balkangesellschaft ständig ausverkauft, und seine Fans überschreiten Geschlechter-, Alters- und Ethnien-Grenzen. Zudem hofft Božo Vrećo, dass er mit seinen musikalischen Darbietungen auch eine Stimme für LGBT-Rechte auf dem Balkan sein kann. Wir freuen uns auf einen mystischen, stimmungs- und liebevollen Auftritt in Bern!


Mittwoch, 27. April

Turnhalle Progr
Türöffnung 19.30 Uhr, Konzertbeginn 20 Uhr

Božo Vrećo – Empowering Sevdah

Božo Vrećo (voc), Marko Nikolic (p, acc), Kadir Dogan (d), Christopher Esch (g)

Eine Veranstaltung von bee-flat.
Vorverkauf: petzi.ch

 

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