DJ Coreys MusikTipps für den Oktober 2021

Brandi Carlile, Melissa Etheridge, Lil Nas X, Felix Jaehn, James Blake, Ezra Furman, Mario Venuti, Christine & The Queens, Josef Salvat, Lady Gaga und Tony Bennett

Geballte Lesbenpower im Country-Rock dank Brandi Carlile und Melissa Etheridge. Willkommen im Lil Nas X queeren Musikgarten, in Felix Jaehns EDM-Oase und auf James Blakes R&B-Wiese. Ezra Furmans Soundtrack zur Netflix-Serie «Sex Education». Italo-Hits im Bossa-Nova-Gewand von Mario Venuti. Die neuen Singles von Christine & The Queens und Josef Salvat. Last But Not Least: Lady Gaga und Tony Bennett interpretieren die Songs von Cole Porter.   


BRANDI CARLILE

In These Silent Days (Low Country Sound / Elektra / Warner)

15 Jahre nach dem Durchbruch mit dem Hit «The Story» geht die 40-jährige, offen lesbische Musikerin und Sängerin ihren Weg konsequent fort. Seit ihrem letzten Top-Ten-Album «By The Way, I Forgive You», der ihr drei Grammys bescherte, geniesst Brandi Carlile zumindest in den USA Superstarstatus. Es ist bestimmt auch ihr Verdienst, dass sich LGBTQ-Themen und mehr Diversität im männlich dominierten Country-Genre inzwischen durchgesetzt haben. «In Silent Days» ist während der Pandemie entstanden. Mit ihren treuen Gefährten, den Zwillingsbrüdern Tim und Phil Hanseroth, serviert Brandi Carlile ihren bewährten Mix aus Folk, Country, Gospel und Rock. Es ist aber im Powerballaden-Fach, wo Brandi Carlile wirklich auf Hochform aufläuft. Ihre Stimme ist eine Wucht und man erliegt ihr von den ersten Takten weg.


MELISSA ETHERIDGE

No Way Out (BMG)
Die 60-jährige LGBTQ-Ikone hat in ihrem Archiv gestöbert und zehn sehr schöne, aber bislang unveröffentlichte Songs aus den 80er-, 90er- und 00-Jahren zu neuem Leben erweckt. «No Way Out» bringt alles mit, was wir an Melissa Etheridge lieben. Ihre schnörkellose, hemdsärmelige und authentische Rocker-Seele einerseits. Ihre zurückhaltende, intime und nachdenkliche Seite andererseits. Ihr musikalisches Spektrum reicht vom Rock, Blues, Southern Rock und Folk. Die zwei Live-Tracks am Schluss zeigen einmal mehr, dass die Konzertbühne ihr eigentliches Zuhause ist, wo sie alles gibt und so richtig aufblüht. 


LIL NAS X

Montero (Sony Music)

Es gibt ein Leben nach dem Über-Hit «Old Town Road», der alle Rekorde brach. Mit dem Debüt-Album «Montero» lässt Lil Nas X deutlich erkennen, dass er kein One-Hit-Wonder ist. Lil Nas X rebelliert gegen die toxische Männlichkeit im amerikanischen Rap. Er spielt mit Vorurteilen, stellt sie auf den Kopf und treibt es auf die Spitze. Mit einer sehr offensiven und provokativen Darstellung seiner schwulen und afroamerikanischen Identität hat Lil Nas X etwas Bahnbrechendes und Unglaubliches geschaffen. Er ist die schwule Pop-Sensation, auf die alle gewartet haben. «Montero» ist eine glitzernde Wundertüte mit unendlich vielen musikalischen Überraschungen von Country-Trap, radiotauglichem Pop, über Punk-Pop, Grunge bis Folk.


FELIX JAEHN

Breathe (Virgin)

Sein Remix von «Cheerleader» von OMI katapultierte 2014 den damals 20-jährigen deutschen DJ Felix Jaehn an die Spitze der internationalen Charts. Seitdem ist Felix Jaehn aus der EDM-Szene nicht mehr hinwegzudenken. Der Erfolgsdruck, die Panikattacken und sein Hadern mit seiner Bisexualität wirkten sich allerdings sehr schlecht auf seine mentale Gesundheit. Auf «Breathe» erzählt Felix Jaehn mit lebensbejahenden Dance-Songs, wie er heute sein Leben mittlerweile dank Meditation und Atemtechnik wieder in den Griff bekommen hat. Mit dabei sind Kollegen wie Robin Schulz und Dimitri Vegas & Like Mike.


JAMES BLAKE

Friends That Break Your Heart (Universal)

In den letzten zehn Jahren und auf vier Alben hat der 32-jährige Brite einen eigenen, unverwechselbaren Sound zwischen Piano-Balladen, Zeitlupen-R&B und Dubstep entworfen. Mit verzerrten Stimmen und gespenstischen Beats kreierte James Blake sozusagen den imaginären Soundtrack zu einem David-Lynch-Film. Auf dem fünften Album «Friends That Break Your Heart» versinkt James Blake zwar wieder in einer schwermütigen Atmosphäre. Dennoch macht er das mit einem Augenzwinkern und mit dem Mut zur eigenen Sensibilität. Seine R&B-Balladen werden immer eingängiger und lieblicher. Er hat sie vom Nebel befreit und haucht ihnen neue Pop-Farben ein.


EZRA FURMAN

Sex Education Songs From Season 3 EP (Ice Chest Music)

Ezra Furman hat sich im letzten April als Transgender geoutet und enthüllt, dass sie seit über zwei Jahren Mutter ist. Ezra Furman war ab 2006 Lead-Sängerin der Band Ezra Furman and the Harpoons. 2012 veröffentlichte die US-Amerikanerin ihre erste Solo-Platte «The Year Of No Returning». Auf ihrem letzten Album «Twelve Nudes» von 2019 verblüffte sie mit Punk und Rock’n’Roll. Aber mit den von ihr komponierten Songs zur Netflix-Serie «Sex Education» scheint sie den grösseren Spass zu haben. Ihr College-Rock mit 60s-Anleihen überzeugt mit kraftstrotzender Direktheit und Unberührtheit.  


MARIO VENUTI

Tropitalia (Puntoeacapo srl)

Der gebürtige Sizilianer Mario Venuti ist seit den 80er-Jahren musikalisch aktiv. Früher war er Mitglied der Band Denovo mit Luca Madonia. Seit den 90er-Jahren ist er als Solo-Künstler unterwegs. Ausserhalb Italiens ist er zu Unrecht wenig bekannt. Auf seinem neuen Werk «Tropitalia» interpretiert Mario Venuti 11 bekannte Canzoni, die den italienischen Pop zwischen 1930 und 2000 geprägt haben. Wie der Albumtitel schon erahnen lässt, spielt er die Songs im Bossa-Nova-Stil. Auf dem Albumcover posiert Mario Venuti mit einem sehr bunten Hut. Ein Tribut an die portugiesisch-brasilianische Sängerin und Schauspielerin Carmen Miranda und die Tropicàlia-Bewegung. «Tropitalia» ist ein in sich stimmiges Projekt und als solches unbedingt empfehlenswert.


CHRISTINE & THE QUEENS

Joseph (Because Music)

Die queere Pop-Ikone Christine & The Queens hat anlässlich ihres Auftritts am Festival Global Citizen in Paris zwei neue Songs vorgestellt, die ab sofort auf jedem Streaming-Dienst erhältlich sind. Die Single «Joseph» setzt sich aus zwei Coverversionen zusammen. «Fais comme l’oiseau» ist ursprünglich ein Stück von Michel Fugain et le Big Bazar aus dem Jahr 1972. Noch eine Spur spannender ist Christines wunderbar entschleunigte und entschlackte Version des George-Michael-Klassikers «Freedom».    


JOSEF SALVAT

I’m Sorry (Leafy Outlook)

«I’m Sorry» ist der erste Song, den Josef Salvat mit jemand anderem als sich selbst komponiert hat. Der Song datiert von 2013, musste aber auf den richtigen Veröffentlichungszeitpunkt warten, also bis heute. Im Song des bisexuellen australischen Sängers geht es um die schwere Kunst des Loslassens, wenn eine Beziehung in die Schieflage geraten ist. Der Song ist eher tanzbar und vom Sound des letzten Albums von The Weeknd stark inspiriert.  


TONY BENNETT & LADY GAGA

Love For Sale (Sony / Intescope)

Sieben Jahre nach dem erfolgreichen «Cheek To Cheek» bringt das generationsübergreifende Duo aus Tony Bennett & Lady Gaga sein zweites und wahrscheinlich letztes gemeinsames Album heraus. Tony Bennett ist 95 und an Alzheimer erkrankt und hat sich letzten Sommer offiziell von der Konzertbühne verabschiedet. «Love For Sale», eine Hommage an den Great American Song Book von Cole Porter, ist ein würdiges Abschiedsalbum. Die meistergültigen Interpretationen und die klassischen Arrangements klingen wie aus der Zeit gefallen und dennoch merkwürdig gegenwärtig. Lady Gaga bestätigt, dass sie weit mehr als nur eine Pop-Sängerin ist. Sie beweist noch Grösse, indem sie das Scheinwerferlicht nicht allein für sich beansprucht, sondern stets Raum für ihren kongenialen Duett-Partner lässt.

 


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Playlist


Die Musiktipps von DJ Corey immer am 1. Sonntag im Monat im QueerUp Radio auf Radio RaBe
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