Das Theater Nota Bene zeigt «Der Kuss der Spinnenfrau» nach dem Kultroman des argentinischen Autors Manuel Puig. Ein politscher Gefangener und ein Homosexueller teilen sich eine Gefängniszelle und kommen sich trotz Differenzen näher. Das Zweimannstück wird ab 2. September im VISAVIS aufgeführt.
Der schwule Schriftsteller Manuel Puig musste auf Druck der argentinischen Militärdiktatur, die seine Bücher verboten hatte, in den 70er-Jahren nach Mexico ins Exil flüchten. Dort schrieb er seinen Erfolgsroman «El beso de la mujer araña (Der Kuss der Spinnenfrau)», eine Geschichte über die Auseinandersetzung von zwei verschiedenen Persönlichkeiten und die Wahl zwischen Lebenseinstellungen. Über Menschlichkeit und Fantasie – und Liebe. 1983 schuf Manuel Puig eine theatralische Bearbeitung seines Romans, die im Londoner West End in englischer Sprache uraufgeführt wurde. Diese wurde 1985 von Héctor Babenco verfilmt mit William Hurt und Raúl Juliá in den Hautrollen. William Hurt gewann damals für seine Darstellung des schwulen Gefangenen den Oscar als Bester Hauptdarsteller. Jetzt bringt das Theater Nota Bene das Stück nach Bern. Ab Donnerstag, 2. September werden sieben Aufführungen im Kunst- und Kulturhaus VISAVIS an der Gerechtigkeitsgasse 44 gespielt.
Das Stück
Luis Molina und Valentin Arregui teilen sich in den 1970er-Jahren eine Zelle in einem Gefängnis in Argentinien. Die beiden Männer könnten unterschiedlicher nicht sein: Molina ist ein sehr emotionaler Mensch mit einem Faible für kitschige Liebesfilme. Er wird des Kindesmissbrauchs beschuldigte. Valentin ist ernsthaft und belesen, sein einziger Lebensinhalt ist der politische Kampf. Er ist ein politischer Gefangener. Beide leben in ihrer eigenen Welt und müssen sich in dieser Zweckgemeinschaft auf Zeit miteinander zurechtfinden. Davon, dass dieses Theaterstück noch heute aktuell ist, sind die Macher*innen überzeugt und sagen dazu: «Molina und Valentin haben ihre vorgefassten Meinungen und Werte, und so gestaltet sich die Akzeptanz des anderen als schwierig. Gefangensein in eigenen vorgefassten Weltansichten, die andere Denkweisen und Lebensformen kaum zulassen, dies sind seit jeher Themen, die den gesellschaftlichen Menschen umtreiben und Einfluss auf individuelles Handeln und zwischenmenschliche Zugänge haben. Vor 40 Jahren genauso wie heute und morgen.»
Valentin: Sei doch nicht so empfindlich. Das ist was für…
Molina: Sag es.
Valentin: Was denn?
Molina: Ich weiss, was du sagen wolltest, Valentin.
Valentin: Sei doch nicht blöd.
Molina: Das ist was für Frauen, wolltest du sagen.
Valentin: Ja.
Molina: Was ist dabei, wenn man weich ist wie eine Frau?
«Die Proben sind sowohl körperlich als auch geistig anstrengend»
Regie bei «Der Kuss der Spinnenfrau» führt Simon Schwab. Stefan Hugi und Matthew Wildhaber spielen die beiden Hauptrollen. Muss sich Stefan Hugi mit der Oscar prämierten Darstellung von William Hurt messen? Er antwortet: «Wenn es bereits eine ‹Vorlage› gibt, wie im Beispiel von William Hurt als Molina im Film, dann lasse ich mich dadurch nicht beeinflussen. Ich schaue mir den Film absichtlich nicht an, sondern interpretiere den Charakter selbst ausgehend von meinen eigenen Eigenschaften, Erfahrungen und Erlebnissen. Dieses Vorgehen hat sich für mich bewährt. Denn schon in früheren Produktionen habe ich Rollen gespielt, die im Film von begnadeten Schauspielern dargestellt wurden – zum Beispiel Al Pacino als Roy Cohn in ‹Engel in Amerika› oder Philip Seymour Hoffman als Vater Flynn in ‹Zweifel›.»
Ein Zweimannstück ist eine besondere Herausforderung, denn die Schauspieler sind ununterbrochen auf der Bühne. Auch bei den Proben gibt es Unterschiede, wenn nur zwei statt mehrere auf der Bühne stehen. Simon Schwab sagt dazu: «Man probt in Produktionen mit vielen Beteiligten zuerst in den verschiedenen Konstellationen an einzelnen Szenen. Erst nach und nach können Teile chronologisch zusammengesetzt und der Bogen des ganzen Stücks gespannt werden. Anders beim Zweimannstück. Die Szenen können – da sowieso immer beide Darsteller anwesend sind – schon von Anfang an chronologisch und in grösseren Stücken entwickelt werden. Man ist flexibler in der Probenkoordination und kann spontaner entscheiden, ob es noch eine Probe weniger oder mehr braucht bzw. an welchen Szenen man arbeiten will. Mit weniger Figuren gibt es auch weniger Beziehungen untereinander, die gefunden und abgestimmt werden müssen sowie weniger Absprachen, die im Spiel zu treffen und koordinieren sind. Entsprechend kompakter kann sich die Probenarbeit gestalten und der Ball kommt bald ins Rollen. Andererseits gestaltet sich die Probenarbeit für die beiden Protagonisten durch die Konzentration auf genau diese zwei Menschen sehr intensiv. Intensiver, als wenn man in einer grösseren Gruppe immer wieder Wartezeiten und auch nicht jedes Mal Probe hat, je nach Rollengrösse. Die Darsteller des Zweipersonenstücks sind mit ihrer Präsenz und der grossen Textmenge immer dran und entsprechend anstrengend ist eine Probe für sie sowohl körperlich als auch geistig.»
Wir sind gespannt, nach den intensiven Proben, an der Premiere am 2. September das Resultat zu sehen und freuen uns auf einen spannenden Theaterabend. Das Theater Nota Bene hät fest, dass eine eigene Wertehaltung und das Einstehen für diese Werte wichtig sind. Doch gerade so wichtig ist die Toleranz anderen Werten, Bedürfnissen und Lebensentwürfen gegenüber. Es ist ein Bedürfnis des Regisseurs Simon Schwab, dass die Auseinandersetzung mit diesem Gesellschaftsentwurf auch vor dem so aktuellen Thema des Umgangs mit Geschlechterrollen und sexueller Orientierung nicht Halt macht.
Der Kuss der SpinnenfrAU
Spiel: Stefan Hugi, Matthew Wildhaber
Regie: Simon Schwab
Produktionsleitung: Davina Siegenthaler Hugi
Kunst- und Kulturhaus VISAVIS
Gerechtigkeitsgasse 44, 3011 Bern
Vorstellungen:
2. September, 20 Uhr
3. September, 20 Uhr
4. September, 20 Uhr
5. September, 17 Uhr
10. September, 20 Uhr
11. September, 20 Uhr
12. September, 17 Uhr
Einlass und Bar: 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn
CHF 30.-
CHF 25.- (Auszubildende / Studierende)
CHF 40.- (Gönner*innen)
Reservation erforderlich