OH BODY!

Feministische Theater- und Performancetage

Das Schlachthaus Theater veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Frauenraum und dem Kino der Reitschule die Feministischen Performance- und Theatertage OH BODY! Es geht um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Eröffnet werden sie am Donnerstag, 1. Oktober.

Die Körper der Menschen sind sich alle recht ähnlich. Dennoch hat jeder Körper seine Besonderheiten, ist jeder Mensch individuell. Mit diesem individuellen Körper sollte das Individuum die Welt selbstbestimmt, neugierig und frei von Angst vor Beeinträchtigungen jedweder Art erkunden können und dürfen. Sich selbst finden und ausleben. Freude geben und Freude empfangen. — «Sollte»!

Selbst nach über zwölftausend Jahren menschlicher Zivilisation, sind wir in vielen Gegenden dieses Planeten noch nicht viel weiter, als kurz vor dem Zeitpunkt als das los ging mit dieser «Zivilisation». Frauen* werden fast überall strukturell benachteiligt. Und bevor ich von der Diskriminierung und Ungleichbehandlung von intergeschlechtlich geborenen Menschen, trans Personen, Lesben, Schwulen oder bi-/pansexuellen Menschen anfange, muss ich mich direkt bremsen, denn…

Das Schlachthaus Theater Bern veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Frauenraum und dem Kino der Reitschule Bern die Feministischen Performance- und Theatertage OH BODY! Es geht um Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit.

Das Thema Freiheit

Ein alter Spruch sagt: «Die Gedanken sind frei» und ich kommentiere: «Aber was nutzt das, wenn der Körper in Ketten liegt?» Diese Ketten können auch im eigenen Verstand installiert sein. Sie wurden von anderen aber auch von einem selbst angelegt. Aus reiner Notwendigkeit heraus, um in einer feindlichen Umgebung zu überleben, in der ein selbstbestimmtes Verhalten nicht geduldet wird. In der Freiheit von anderen, als dem Individuum selbst, gewährt oder verweigert wird. Alle Produktionen von OH BODY! thematisieren auf ihre eigene Art und Weise die Frage nach der Freiheit, sich nicht festlegen zu müssen, nicht einfach lesbar sein zu dürfen und Etikettierungen, Klassifizierungen, Bewertungen und Diskriminierungen aller Art zu hinterfragen.

Eröffnung mit Antje Schupp und Whitney Houston

Zur Eröffnung am Freitag, 1. Oktober im Frauenraum leitet Antje Schupp, die Gewinnerin der Zürcher Festspiele 2020, die Zuschauer in das Thema des Festivals ein. Ihr Einleitung führt zum Dokumentarfilm «Whitney – Can I Be Me» über Whitney Houston, den die in Basel lebende Regisseurin und Performerin analysiert hat und zur Feststellung gelang: «..es kommt auf alles Mögliche an, das eben Nicht-Ich ist, damit ich Ich sein und werden kann. Trotzdem kommt es am Ende des Ichs auf mich an. Oder nicht? Wir sprechen über Körper, aber im Grunde sprechen wir über Zuschreibungen.»

Und «Zuschreibungen», das sollte einem bewusst sein, sind eine weitere Form der Machtausübung, nämlich durch ihre Definitionsmacht, was die Autorin beispielhaft zeigt.

Bereits vor der Eröffnung lädt Sängerin und Kinderpädagogin Brandy Butler im Schlachthaus Theater am Sonntag 27. September zur Märchenstunde für Kinder ein. Butler und ihre Freund*innen, Drag Queens und Kings, erzählen eine Geschichte, die auf Fragen von kleinen Kindern zum Thema Identität und Geschlecht eingeht. Mehr Infos dazu hier.

Links «Mama» bringt weibliche Archetypen aufs Tapet; Rechts: «Intersex» Performance von der Frl. Wunder AG

 

Das Programm der Veranstaltung ist umfangreich und gespickt mit wunderbaren, kurzweiligen und zugleich lehrreichen Performances, Konzerten, Filmen, Theaterstücken und Workshops.

Zum Beispiel zitiert Joana Tischkau in ihrer Performance PLAYBLACK, die in den 90ern beliebte Mini-Playback-Show. Die studierte Tänzerin beleuchtet das weisse Begehren nach schwarzer Verkörperung und entlarvt mittels Drag und Playback die rassistischen und sexistischen Bilder nicht-weisser Musiker*innen in der europäischen Pop-Musik.

Stell dir vor, wie sich das anfühlen mag, sich irgendwo, uneindeutig, zwischen dem männlichen und dem weiblichen Pol des Geschlechtskontinuums zu befinden? Falls dich dieser Gedanke interessiert, so lädt das Performance Kollektiv Frl. Wunder AG in dem Stück INTERSEX dazu ein, zu erfahren, wie das so ist, mit Ärzt*innen, Geschlechtszuweisung und Hormonen. Wie sich das anfühlt, zwischen Depressionen, Identitätskrisen und der  Lebenslust am Anders-Sein hin und her zu oszillieren. Wie geht die Gesellschaft mit denen um, die nicht in ihre starren, altbackenen Raster passen wollen oder können?

Tradition ist etwas für Menschen, die zu faul sind, selbst zu denken!

«Tradition ist etwas für Menschen, die zu faul sind, selbst zu denken!» sagt Autorin Stephenie Vee. Und als ob sie diese Worte kannten, zeigt die Compagnie «Les Battantes» in ihrer temporeichen Produktion «MAMA», einige in unserer Gesellschaft leider noch immer präsenten weiblichen Archetypen. Die preisgekrönte Nachwuchs-Schauspielerin Margot Van Hove spielt eine Animatrice, eine Mutter und verschiedene mythologische Figuren, um Antworten zu finden in dem, was Frauen von ihren Müttern überliefert bekommen.

Daneben finden sich im Programm von OH BODY! Filme wie «Ni d’Eve, ni d’Adam. Une histoire intersexe» oder «In Between – Bar Bahar», der in Ungarn geborenen palästinensischen Regisseurin Maysaloun Hamoud.

Wozu sind Manifeste gut? Was ist überhaupt ein Manifest? Die Antwort kann vielleicht beim Besuch des Filmes «Manifesto» gefunden werden, der am Mittwoch, 7 Oktober gezeigt wird, und dem dazu passenden Workshops «Manifeste», der am 10. Oktober stattfindet.

Ganz besonders möchte ich die Workshops: «Empowerndes Posen» (3. Oktober) und «Sich zeigen, sich darstellen» (11. Oktober) empfehlen. Für mich tönt das sehr nach Self-Empowerment und was kann die trans Frau von heute am besten gebrauchen? MORE POWER! HAR! Es könnte also gut sein, dass wir uns dort über den Weg laufen!


OH BODY!

Feministischen Performance- und Theatertage 
27.9. bis 11.10 2020
Infos und  Tickets: www.schlachthaus.ch

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