Ein «alter» Verein mit neuem Namen: «hab queer bern»

Es gibt weiterhin viel zu tun für unsere Gleichberechtigung

Im 47. Vereinsjahr geben sich die «Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern» einen neuen Namen. Mit dem Claim «queer bern» will der Verein auch gegen aussen signalisieren, dass seit einigen Jahren Menschen, deren Geschlecht sich nicht an die biologische Zuweisung bei der Geburt hält, sichtbar geworden sind.

Als 1972 die «Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern» gegründet wurden, steckte das emanzipatorische Credo des Vereins noch in den Anfängen. In den ersten Statuten wurde der eigentliche Zweck mit «Förderung der zwischenmenschlichen Beziehungen» nur zaghaft umschrieben. In den aktuellen Statuten wird der Vereinszweck eindeutiger benennt, setzt sich «hab queer bern» doch dafür ein, dass LGBTI- Menschen «in unserer Gesellschaft gleichberechtigt und ohne Angst leben können».

LGBTI ist die Abkürzung für «lesbisch», «gay» («schwul»), «bi», «trans», «intergeschlechtlich» und bezeichnet Menschen, die wegen der sexuellen Orientierung, der Geschlechtsidentität und der Geschlechtsmerkmale von der heterosexuellen Norm abweichen.

Der Geist der Gemeinschaft

Seit der Vereinsgründung hat sich die «hab» stark verändert. Bis vor ein paar Jahren stand die Gleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Lebensformen im Vordergrund. Heute gehören auch die Rechte der trans und intergeschlechtlichen Menschen zur Bewegung. Vereinspräsident Christoph Janser betont: «Sexualität, Geschlecht und Körper sind so vielfältig, dass jeden Morgen eine neue Identität wach werden kann». Für Daniel Frey, er ist für die Kommunikation zuständig, ist allerdings die Aneinanderreihung von Buchstaben «seelenlos» und «unaussprechlich». Daher setzt er sich für das Wort «queer» ein. Queer ersetze nicht einen einzelnen Buchstaben, sondern gleich alle zusammen.

Vizepräsidentin Petra Brombacher ist mit der Anpassung des Vereinsnamen sehr zufrieden: «Individuell benennen wir Schwulsein weiterhin als schwul, Transsein weiterhin als trans. Aber wenn es um uns alle geht, die wir als abweichend von der Sexual- und Geschlechternorm wahrgenommen werden, benennen wir uns mit dem Sammelbegriff ‹queer›».

LGBTI-Rechte in der Schweiz: Beschämend mittelmässig

Wenn es um die Rechte von LGBTI-Menschen geht, schneidet die Schweiz schlecht ab. «Entscheidend dafür sind der mangelhafte Schutz gegen Diskriminierung und Hassdelikte sowie der massiv unzulängliche Schutz von trans und intergeschlechtlichen Menschen», sagt Ueli Zimmermann von der HAB-Beratung. Eine von der ILGA, dem internationalen Dachverband der LGBTI-Organisationen, jährlich überarbeiteten Statistik zeigt mit einem Ranking auf, ob und wie die 49 europäischen Länder LGBTI-Rechte gewährleisten. Jahr für Jahr rutscht die Schweiz weiter nach hinten. In der aktuellen Statistik fiel sie innerhalb von einem Jahr von Platz 22 auf 27 zurück und platziert sich grad knapp vor dem Kosovo. Vorstandsmitglied Daniel Frey findet diese mittelmässige Platzierung der Schweiz «beschämend und peinlich».

Hans Peter Hardmeier von der Arbeitsgruppe Politik und Gesellschaft betont, dass es «dringend einen grösseren politischen Willen braucht, die Menschenrechte von LGBTI-Personen zu schützen». Im vergangenen Herbst hat das Parlament den Schutz gegen Diskriminierung und Hassreden aufgrund der sexuellen Orientierung in die Rassismus-Strafnorm aufgenommen. Dagegen ergriffen EDU und JSVP das Referendum – die Schweizer Bevölkerung wird voraussichtlich im Februar 2020 darüber abstimmen. Der Schutz gegen Diskriminierung aufgrund der Geschlechtsidentität hatte bereits im Parlament keine Chancen.

«Zudem wird», ergänzt Vizepräsidentin Petra Brombacher, «trans Personen regelmässig der Zugang zu geschlechtsangleichenden medizinischen Massnahmen verwehrt, indem Krankenversicherungen ohne stichhaltige Gründe die Kostenübernahme verweigern».


Über die «hab»

Der Berner LGBTI-Verein «hab queer bern» wurde am 6. Dezember 1972 als «Homosexuelle Arbeitsgruppen Bern» gegründet – also nur drei Jahre nach dem legendären Stonewall Aufstand vor 50 Jahren, der die LGBTI-Bürgerrechts-Bewegung auslöste.

In den 70er Jahren musste die «hab» sich vor allem gegen Unterdrückung und Diskriminierung wehren. 1979 organisierte der Verein die erste Lesben- und Schwulen-Demo in Bern.

Die 80er-Jahre waren geprägt vom Kampf gegen Aids. Dies führte unter der Federführung der «hab» zur Gründung der «Aids Hilfe Bern».

1993 zog der Verein von der Brunngasse in die Matte. Dort führte er 15 Jahre lang das Kultur- und Begegnungszentrum «anderLand». 2004 wurde das «anderLand» aus finanziellen Gründen aufgegeben. Heute ist der Verein im Quartierzentrum Villa Stucki zuhause und zählt über 300 Mitglieder.

Die «hab» bietet, in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsnetzwerk «Checkpoint Bern», Beratungen an, engagiert sich für politische und gesellschaftliche Anliegen, betreibt Öffentlichkeitsarbeit und organisiert Freizeitangebote.


DER Text wurde uns zur verfügung gestellt von HAB Queer Bern

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