ESC: Ein Berner Giel soll’s richten

«She Got Me» von Luca Hänni ist unser Lied für den ESC 2019

Die Schweiz schickt den Berner Luca Hänni an den Eurovision Song Contest nach Tel Aviv. Was taugt das Lied? Wie stehen die Chancen? ESC-Fan DJ Ludwig schätzt die Lage ein.

Bereits im letzten Jahr, in meinem Bericht über die Teilnehmer vom ESC 2018, in dem ich dem Schweizer Beitrag von ZIBBZ nur geringe Chancen einräumte – und (leider) recht behielt – wünschte ich, die Schweiz würde Luca Hänni an den ESC schicken. Der wisse, wie man TV-Shows gewinne, schrieb ich. Mein Wunsch ging in Erfüllung.

In diesem Jahr entschlossen die Verantwortlichen beim Schweizer Fernsehen, den Song und den Interpreten ohne Publikumsentscheidung auszuwählen. Obwohl, eine Entscheidungsshow hätte Luca Hänni sicher auch gewonnen. Vermutlich ging es nur darum Geld zu sparen, denn in den Kommentarspalten war immer wieder zu lesen, dass die Teilnahme der Schweiz am ESC nur eine Geldverschwendung sei, man gewinne ja ohnehin nicht. Eine Meinung die mich immer wieder empört! Für Übertragungen von internationalen Fussballturnieren, bei denen die Schweiz nie gewinnt, gibt das Fernsehen massiv mehr Geld aus als für die ESC-Teilnahme.

Das Publikum zu übergehen hatte sicher auch etwas damit zu tun, dass man Angst hatte vor einer «falschen» Wahl, denn die Wählenden haben oft einen seltsamen Geschmack. Diese Strategie ging beispielsweise für Österreich gut auf. Conchita hat ein Jahr vor ihrem ESC-Sieg nämlich die Heimische Vorentscheidung nicht gewonnen. Weil sich die Össis aber sicher waren, dass die Wurst für den ESC perfekt wäre, schickte man sie ohne Absegnung durchs Volk an den Wettbewerb. Die Rechnung ist bekanntlich aufgegangen. Wird diese Strategie in diesem Jahr die Schweiz auch zum Sieg führen?

Der Interpret

Es lastet wie ein Fluch auf uns, dass wir am ESC jeweils schon im Halbfinale raus sind. Wird die Schweiz heuer den Fluch überwinden können und das Finale erreichen? Die Chancen stehen nicht schlecht. Es sprechen einige Faktoren dafür. Der wichtigste ist die Person Luca Hänni.

Im deutschsprachigen Raum ist der schnuckelige Berner Giel ziemlich bekannt. Luca Hänni gewann 2012 die Casting Show «Deutschland sucht den Superstar» und wurde zum Teenager-Schwarm. Die erste Single und das erstes Album wurde ein Erfolg. Die weiteren verkauften sich jedoch von Jahr zu Jahr schlechter. 2017 brachte er sich wieder ins Gespräch mit der Teilnahme bei der TV-Show «Dance! Dance! Dance!». Auch die gewann er. Erst kürzlich konnte er bei der Helene Fischer Show mitmachen. Mit ihr sang er ein Duett und tanzte halbnackt mit der Schlagerkönigin im Bett. Sein gutes Aussehen ist ein weiterer Faktor der ihm Punkte bringen wird. Der ehemalige Maurer-Lehrling zeigt gerne seine Muckis. Eine hübsche Visage hat er auch und vor allem, er hat eine sehr sympathische Ausstrahlung. Seine Stimme ist OK. Nicht dass sie ein Wow-Effekt auslösen würde, aber gut genug ist sie. Zudem hat der TV-Show geprüfte Sänger genug Übung darin, im Halbplayback zu singen und wie man sich dazu bewegt, hat er auch gelernt.

Der Song

Nun zum Song. Er heisst «She Got Me» und ist ein überkonstruierter Popsong der nach typischem ESC-Rezept aufbereitet wurde. Man nehme eine Priese Orient- oder Latino-Rhythmen – das kommt immer gut an – achtete darauf, dass er tanzbar ist und würzt das Menü mit einer eingängige, aber einfache Melodie. Die spezielle Zugabe ist ein raffiniertes Trigger-Wort. Diesmal heisst das «Dirty Dancing». Ob aus rechtlichen Gründen der Song nicht gleich «Dirty Dancing» heisst, weiss ich nicht, doch sind Assoziationen zum gleichnamigen Film bestimmt beabsichtigt. Sicher wird «She Got Me (Dirty Dancing)», genau aus diesen Gründen, beim Publikum Gefallen finden. Ich persönlich finde den Song einfallslos und durchschnittlich, ähnliches hat man schon tausendmal gehört. Was vielleicht daran liegt, dass die Kanadierin Laurell Barker am Song mitgeschrieben hat. Sie war schon verantwortlich für «Stones» von ZIBBZ und hat am diesjährigen ESC gleich drei Songs am Start. Neben dem Schweizer Beitrag hat Barker auch bei denen für Grossbritannien («Bigger Than Us» von Michael Rice) und Deutschland («Sister» von S!sters) die Hand im Spiel. Das ist Songwriting als Handwerk. Mir fehlt das Einzigartige, das Künstlerische. Ich wünschte mir, am Eurovision mehr innovatives und anspruchsvolleres Songwriting. Immerhin nennt sich die Veranstaltung Song Contest. Leider sind so schöne und berührende Lieder, wie Salvador Sobrals Siegertitel «Amar Perlos Dois» von 2017, die Ausnahme am Wettbewerb.

Die Chance

In den Internet-Foren der ESC-Fans findet «She Got Me» Anklang. Von vielen wird der Song – und der der süsse Luca – regelrecht gehypt. Auch die Wettbüros sehen die Schweiz ganz weit vorne und trauen ihr sogar eine Platz in der Top 5 zu. Auf YouTube wurde das Video zu «She Got Me» bereits über eine Million Mal angeklickt. Nur die Beiträge von Malta und den Niederlanden haben mehr Klicks. Es ist schon lange her, dass ein Schweizer Beitrag im Vorfeld so gut angekommen ist und in den Favoritenkreis aufgenommen wurde. Das sind alles gute Voraussetzungen es in diesem Jahr endlich wieder einmal in die Finalshow zu schaffen, die am 18. Mai über die Bildschirme Europas flimmert. Der Habfinale mit Schweizer Beteiligung findet am 16. Mai statt. Luca wird als vierter auf die Bühne müssen und hat an diesem Abend mit Schweden, Russland, Malta und den Niederlanden scharfe Konkurrenz, mit ebenfalls hohen Gewinnchancen. Was genau Luca Hännis Gegner zu bieten haben, erfahrt ihr hier.

DAs Video

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